21. Juli 1968: Die Großen hamsterten die Titel

21.7.2018, 08:05 Uhr
Mit ernster Miene starten die Mädchen zum Lauf über 75 Meter. Ganz oben die Münchnerin Eigner, die groß auftrumpft, Zweite von rechts Rosa Weber (N).

© Ulrich Mit ernster Miene starten die Mädchen zum Lauf über 75 Meter. Ganz oben die Münchnerin Eigner, die groß auftrumpft, Zweite von rechts Rosa Weber (N).

Für den „Rest des Landes“ blieben nur Einzelsiege über 800 Meter (Landshut) und im Ballweitwurf (Bad Reichenhall) übrig. Der zweite Teil des Sportfestes blieb nicht ganz ungetrübt, denn prasselnder Regen verwandelte die Aschenbahn in einen See und das Spielfeld in eine Rutschbahn. Deshalb mußte das Programm verkürzt werden; auch der Siegerehrung fehlte etwas von dem großen Glanz, den sie verdient gehabt hätte.

Eines konnte Petrus jedoch nicht mehr verhindern: noch nie nahmen an einem bayerischen Volksschulfest, das zum vierten Male in Nürnberg ausgetragen wurde, so viele Wettkämpfer teil wie in diesem Jahr. Bei den Ausscheidungen, die schon am Dienstag begonnen hatten, waren nicht weniger als 1.700 Kinder aus Amberg, Augsburg, Bayreuth, Erlangen, Fürth Stadt und Landkreis, Hersbruck, Kaufbeuren, Landshut, München, Neumarkt, Nürnberg, Bad Reichenhall, Rothenburg und Weißenburg am Start.

Als die Endkampfteilnehmer in die Arena marschierten, empfing sie begeisterter Beifall der 10.000 Zuschauer. Selbst die unpopuläre Knabengymnastik wurde noch mit wohlwollendem Händeklatschen bedacht. Doch dann teilte sich die Zuschauerkolonie sehr schnell in zwei Lager. Hier München, da Nürnberg. So blieb es bei allen Entscheidungen.

Schade, daß die beiden ersten Wettbewerbe des Tages, im Korbball der Mädchen und im Handball, zur gleichen Zeit auf dem Stadionrasen begannen. Wer sich bis ins Endspiel durchgesetzt hat, verdient es ganz einfach, daß ihm das ungeteilte Interesse gilt. Während die Münchner Mädchen schon bei Halbzeit (3:0; Endstand 7:0) ihres Erfolges über Erlangen sicher sein durften, lieferten sich die Handballbuben von München und Nürnberg einen Wettstreit, den Oberlehrer Fritz Ortegel als das schönste, beste und mitreißendste Spiel bei allen Volksschulfesten bezeichnete.

Im Stile von Franz Brungs

21. Juli 1968: Die Großen hamsterten die Titel

© Ulrich

Die Freudensprünge der Münchner nach ihrem 4:3-Sieg waren verständlich; 1:0 hatten sie bei Halbzeit geführt, waren 1:2 in Rückstand geraten, aber erneut 3:2 in Führung gegangen, hatten wiederum den Ausgleich hinnehmen müssen, um in den letzten Sekunden die Entscheidung zu ihren Gunsten herbeizuführen. Insgesamt gesehen stellte München die ausgeglichenere Elf. Allerdings war ein Nürnberger Spieler durch seine Unbeherrschtheit auf Zeit vom Platz gestellt worden und hatte seine Mannschaft empfindlich geschwächt.

Dafür konnten im Fußballspiel die Anhänger der Nürnberger den herausfordernden Schlachtgesängen der Münchner: „Nürnberg weg, hat kann Zweck“ bald ihre eigenen „Dichtungen“ entgegenhalten: „Hi, ha, ho – München ist k.o.“. 5:2 stand es nach einer 3:1-Pausenführung am Ende für die Nürnberger Fußballbuben, die damit bewiesen, daß sie dem deutschen Meister in der vergangenen Saison eifrig zugeschaut hatten.

Bei der Siegerehrung strahlten Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter und die Buben und Mädchen um die Wette. „Ich habe mich gefreut, daß Nürnberg wiederum Austragungsort der Wettkämpfe war und rufe Euch allen ein herzliches Wiedersehen zu“, sagte das Stadtoberhaupt zum Schluß der Veranstaltung, die trotz Regens viele Höhepunkte gebracht hatte. An der Einstellung zum Sport, aber auch an der Betreuung der Vereine wird es liegen, ob viele der Teilnehmer der Aschenbahn und dem Rasen treu bleiben, denn: Talente sind vorhanden, sie müssen nur gepflegt werden.

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