12. Dezember 1967: Die Post ist gerüstet

12.12.2017, 15:57 Uhr
12. Dezember 1967: Die Post ist gerüstet

© Ulrich

Oberpostrat Carl Friedrich Locher, der Vorstand des Bahnpostamtes, schilderte gestern, wie turbulent es jetzt in den Hallen seines Amtes zugeht und welche Arbeit im benachbarten Paketpostamt bewältigt werden muß.

Obwohl er damit rechnet, daß in der letzten Woche vor dem Weihnachtsfest noch einmal ein ganzer Schwung dazukommt, erklärte er zuversichtlich: "Wir sind gewappnet!" Pünktlich sollen die verschickten Gaben unter dem Weihnachtsbaum liegen, rechtzeitig sollen Karten und Briefe an ihren Bestimmungsorten eintreffen.

Erst dann werden die "Heinzelmännchen" mit dem gelben Posthorn am Ärmel aufschnaufen und sich darüber freuen, daß sie nicht vor den Bergen resignierten, die sich in den vergangenen Wochen vor ihnen aufgetürmt hatten. Das Bahnpostamt Nürnberg tut seinen Dienst mehr im Verborgenen.

Die 1.000 Mitarbeiter – unter ihnen 200 Frauen, die meist einige Stunden beschäftigt sind – arbeiten in fünf Sparten. Bei der Tätigkeit in den meist nachts rollenden "Postämtern auf der Schiene und auf der Straße" geht es gegen die Uhr. In den vollgepfropften Omnibussen und Eisenbahnwaggons, deren Zahl in der Weihnachtszeit um zehn erhöht wurde, müssen die Sendungen sortiert werden.

Keiner kann Pause machen

Vier- bis sechsmal am Tage treffen die Briefkastenleerer ein. An den Mengen, die sie herbeischleppen, wird die Flut besonders deutlich; an normalen Werktagen sind es – die Postsendungen großer Firmen nicht eingerechnet – durchschnittlich 116.000 Briefe. Jetzt klettert die Zahl auf das Fünffache. Außerdem herrscht in der Briefabgangsstelle Hochbetrieb: 1,7 Millionen Sendungen gegenüber 790.000 im Werktagsdurchschnitt.

Keiner, der seine Brötchen bei der Post verdient, kann sich in diesen Tagen längere Pausen gönnen. Von der Lawine werden alle erfaßt, ob im Luftpostdienst oder in der Päckchenbetriebsstelle, die während des Jahres an Werktagen rund 30 000 Päckchen "verarbeitet" und vor wenigen Tagen mit 91.000 fertig werden mußte. Am 11. Dezember waren in Hof beispielsweise 141 Güterwagen mit Päckchen und Paketen aus Mitteldeutschland gemeldet, die zum größten Teil über Nürnberg liefen. Das ist ein absoluter Rekord seit vielen Jahren.

Die Tätigkeit des Paketpostamtes kennen die Nürnberger schon eher, weil sie mit den Schalterbeamten in Berührung kommen. Im Mittelpunkt des Amtes, über das jedes sechste Paket in der Bundesrepublik läuft, steht die Paket-Umschlagstelle, in der an normalen Tagen 140.000 Pakete, im Weihnachtsverkehr durchschnittlich 250.000 und an Spitzentagen bis zu 350.000 Pakete umgeschlagen werden. Dann müssen 70 Güterwagen entladen und 170 Waggons beladen werden.

Außer der Annahme von Paketen fungiert das Amt auch als die zentrale Zustellstelle für ganz Nürnberg, wozu die Stadt in 78 Zustellbezirke eingeteilt ist. Dazu stehen obendrein sechs Eilzusteller zur Verfügung. Eine beeindruckende Zahl: an den Tagen mit Hochbetrieb müssen zur Zeit über 35.000 Sendungen in die Häuser gebracht werden.

Auch Gymnasien halfen

Um der Sendungen, die sich zu wahren Bergen türmen, Herr werden zu können und die 1938 errichtete Förder- und Verteileranlage mit einer Kapazität von 140.000 Sendungen in 22 Stunden nicht zu überfordern, sind in Fürth und in einer Leichtbauhalle am Nürnberger Bahnhofsgelände Nebenstellen eingerichtet worden. Fürth verkraftet in 18 Stunden 100.000 Pakete, in der Nürnberger Nebenstelle wird die gleiche Menge in 22 Stunden geschafft. Außerdem arbeiten im Paketpostamt vor Weihnachten Aushilfskräfte vom Land, in den letzten Tagen vor dem Fest werden Beamte und Facharbeiter, Gymnasiasten und Fernmeldelehrlinge in die Schlacht geworfen.

Doch auch deren Beginnen wäre umsonst, würden nicht die Kunden selber der Post das Leben leichter machen. Dazu gehört, daß Briefe und Pakete möglichst am Vormittag oder frühen Nachmittag abgegeben werden. Alle Sendungen aber sollten so früh wie möglich eingeliefert sein: samt der Postleitzahl, den Leitzahlen europäischer Länder und – sind sie für Orte mit mehreren Zustellpostanstalten bestimmt – auch mit der Nummer des Zustellpostamtes.

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