12. Juni 1967: Löcher in der Mauer und im Säckel

12.6.2017, 07:28 Uhr
12. Juni 1967: Löcher in der Mauer und im Säckel

© Ulrich/Bartel

Millionen hat die Stadt in den letzten 20 Jahren dafür ausgegeben, die Kriegsnarben an den historischen Bauwerken verschwinden zu lassen, trotzdem muß noch viel Geld aufgebracht werden, ehe auch der letzte Turm und Zwinger wieder steht, und der Wall in alter Schönheit erstrahlt.

Das Baureferat hat kürzlich eine Bestandsaufnahme der Lücken gemacht,um damit zu beweisen, daß es Millionen für wertvolle Kulturdenkmäler besser anlegen kann als für das pseudoklassische Reichsparteitagsgelände. "Wir brauchen noch 10 Millionen Mark", schätzen Baureferent Heinz Schmeißner und Baudirektor Harald Clauß, der im Hochbauamt für die Denkmalspflege zuständig ist. Diese Summe ist nötig, um alle Bauwerke wieder herzustellen und ihre Substanz zu sichern. Die Mauern, Türme und Zwinger werden nicht nur vom Verkehr erschüttert, die Tauben richten zusätzlich einen erheblichen Schaden an. Außerdem muß alljährlich eine "Gewächsaktion" durchgeführt werden, weil Gras und andere Pflanzen sonst die Sandsteinquader sprengen könnten.

12. Juni 1967: Löcher in der Mauer und im Säckel

© Ulrich/Barthel

Das größte Projekt in der Wunschliste stellt die Katharinenkirche nahe dem Konservatorium dar, deren Wiederaufbau allen mit sechs Millionen Mark veranschlagt ist Die vormals berühmten Meistersinger trafen sich zwar auch in der Marthakirche, aber ihre größte Zeit ist eng mit der Katharinenkirche verbunden. Deshalb wurde der sakrale Bau als Meistersingerkirche bezeichnet.

Die Überlieferung besagt, daß Dominikanerinnen aus Frauenaurach im Jahre 1294 ein Siechenhaus mit kleiner Kirche vor den Mauern südlich der Pegnitz übernommen haben. 1295 wurde das Kloster von dem in der Kirche beigesetzten Conrad v. Neumarkt und seiner Ehefrau Adelheid Pfinzig gestiftet. In Berichten heißt es: "1525 Sperrung des Klosters. 1614 Kirche renoviert und für Predigtgottesdienst eingerichtet.

1620 bis Ende des 18. Jahrhunderts Versammlungsraum der Nürnberger Meistersinger. In der Folgezeit für profane Zwecke verwendet. 1921/23 grundlegende Erneuerung und Instandsetzung unter Ausbau der Kirche als Konzertsaal, des Refektoriums als Museum und der Klosterräume für die Volkshochschule. 1945 wurden Kirche und Kloster bis auf die erhaltenen Umfassungsmauern zerstört."

"Wir haben alles soweit gesichert, daß die restlichen Bausubstanzen keinen Schaden leiden können", sagt der Baureferent. Die Stadt mißt der neuen Kirche große Bedeutung zu. Bei der Planung der Meistersingerhalle wurde ein mittlerer Konzertsaal mit 900 bis 1000 Plätzen ausgespart. Dieser Raum ist in der Katharinenkirche vorgesehen. Heinz Schmeißner und Baudirektor Clauß bedauern es deshalb lebhaft, daß für den baldigen Beginn der Bauarbeiten das Geld fehlt.

Dagegen hoffen die verantwortlichen Männer im Bauhof, noch heuer mit den Arbeiten am Ludwigstor bis zum Fürther Tor beginnen zu können. "Dort herrschst ein großer Mißstand", bekennt Schmeißner offen. Bisher ist nur die Schildmauer fertig. Auf der Warteliste stehen noch die Bastei- und Stadtmauer sowie der Turm Spittlertormauer. Die Kosten für alles: 370.000 Mark.

Nicht zu übersehen sind für den Fachmann die Kriegsschäden vom Bürgermeisterturm bis zur Tiergärtnerbastei. Aber die Ausbesserung der Stadtmauer und der neue Wehrgang sind mit 250.000 Mark veranschlagt, die keiner hat. Eine "böse Ruine" ist auch, wie Baudirektor Clauß betont, bei der neuen Norishalle vorhanden. Für den Turm Marientormauer II mit Ergänzung des Wehrganges über den südlichen Pegnitzbogen muß die Stadt 140.000 Mark aufbringen, der nördliche Pegnitzbogen an der Laufertormauer beim Pegnitzeinfluß kostet 150.000 Mark.

Ebenfalls vordringlich steht die Mauer nördlich der Kassierstallung in Richtung Maxtor auf dem Programm. Im Graben sind schon Schulsportplätze angelegt worden, aber sie können nicht ganz ausgenutzt werden, weil die Buben und Mädchen durch herabfallende Steine aus der schadhaften Mauer bedroht sind.

Die Wunschliste enthält noch zwei Geschütztürme, die Stadtmauer und Wehrgänge am Tratzenzwinger (Kosten 250.000 Mark), die Neutorbastei, den Wehrgang zum runden Turm an der Neutormauer, den Brückenbogen am Fürther Tor und noch vieles mehr. Wer weiß, daß allein für die Instandsetzung der äußeren Grabenmauer die runde Summe von einer Million Mark notwendig ist, kann ermessen, welche gewaltigen Aufgaben die Stadt noch zu bewältigen hat, ehe sich alle historischen Bauten den Einheimischen und Fremden wieder in altem Glanz präsentieren.

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