12. September 1967: Alter Hausrat verschwindet

12.9.2017, 07:00 Uhr
12. September 1967: Alter Hausrat verschwindet

© Gerardi

Der Auftakt in Schniegling bewies bereits das Bedürfnis der Bevölkerung, sich überflüssiger Dinge zu entledigen: die Gehsteige standen voll mit ausgedientem Hausrat.

Das ist kein Wunder, denn die letzte Entrümpelung endete am 25. November 1964. Sie mußte damals aus akutem Personalmangel eingestellt werden. Jetzt aber ist wieder eine Mannschaft von sechs Muskelmännern am Werk, um auf die Schuttplätze zu räumen, was dort auch hingehört. Ein Jahr lang wird sie zu tun haben, bis sie Gibitzenhof als Endstation erreicht.

12. September 1967: Alter Hausrat verschwindet

© Gerardi

Der Neubeginn setzte eine Generalstabsarbeit voraus, „denn diesmal entrümpeln wir nicht nur mehr mittwochs wie früher, sondern täglich von Montag bis Freitag!“, sagt Oberwerkmeister Lorenz Schießel, der zuständige Mann im Amt. Die Aufgaben der Müllabfuhr sind so vielfältig geworden, daß der ehemals „freie Mittwoch“, der von Zeit zu Zeit der Entrümpelung diente, nicht länger eingehalten werden konnte. Nun ist eine Extra-Truppe unterwegs.

Schon um 7 Uhr früh packten gestern die Arbeiter, unter ihnen zwei junge Spanier, kräftig zu, um zunächst in sieben Schnieglinger Straßen die durchgesessenen Sofas, verrosteten Wagenräder, klapprigen Herde und Kühlschränke, Matratzen, aus denen die Füllung rieselte, abgefahrene Reifen, durchgebrannten Ofenrohre und Säcke mit Lumpen in den Schlund der Spezialautos zu befördern. Einer der Wagen ist mit einem 25-Tonnen-Druck-Presser ausgestattet. Alle alte Habe wird mir nichts, dir nichts zusammengedrückt.

„Froh sind wir, daß die Männer von der Entrümpelung wieder gekommen sind“, sagten viele Bewohner des nordwestlichen Stadtteils; „wir haben lange auf sie gewartet. Denn überall ist‘s ja so: was alte Leut‘ hinterlassen, wollen die Jungen nicht mehr haben – und wohin dann damit? Als wir gelesen hatten, daß der Abtransport wieder losgeht, haben wir gleich die Keller und Böden geräumt!“

Nicht überall jedoch standen die Requisiten aus vergangener Zeit schon um 6.30 Uhr zum Abholen bereit; am „blauen Montag“ wurde es mehrfach später, und die Entrümpeler mußten ein zweites Mal ihre Runden drehen. Nutzlos ist es, wie sich gestern wieder erwies, leere Kartons, Papier, Flaschen, Bauschutt und Gartenabfälle auf die Straße zu stellen. All diese Dinge werden nicht auf die Schuttplätze mitgenommen, aber von der normalen Müllabfuhr weggeräumt. Wenn die Tonnen fehlen, müssen sie angefordert werden.

In der ganzen Stadt freuen sich die Bewohner über den wieder möglichen „Ausverkauf“ ihres überflüssigen Hab und Guts. So manches „Glump“, über das man sich schon lange ärgerte, verschwindet endlich – und auch noch kostenlos.

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