13. Januar 1968: Neuer Punkt im alten Bild

13.1.2018, 07:00 Uhr
13. Januar 1968: Neuer Punkt im alten Bild

© Gerardi

Auf dem großen Viereck zwischen Hans-Sachs- und Spitalgasse, Bischof-Meiser-Straße und Hans-Sachs-Platz soll ein Bankneubau emporwachsen, der sich in Maßstab und Material seiner geschichtsumwitterten Umgebung anpaßt.

Die beiden Bürgermeister und andere städtische Prominenz rankten um das Modell des Gebäudekomplexes schon Vorschußlorbeeren wie: "Ein würdiger Schlußstein für den Wiederaufbau im Herzen der Altstadt ist gefunden!"

13. Januar 1968: Neuer Punkt im alten Bild

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Traditionsreichsten Boden hat sich die Dresdner Bank für den Neubau ihrer Nürnberger Niederlassung ausgesucht, die seit 1896 in der Stadt ansässig ist und in ihrem Haus an der Karolinenstraße 10 längst aus allen Nähten platzt. In der Tiefe des Grundstücks schlummern Reste der alten Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert, die ans Tageslicht geholt und, wenn möglich, an dem Neubau sichtbar werden sollen. Bis zur Brandnacht vom 2. Januar 1945 erhob sich auf diesem Platz mit dem vorderen und hinteren Spitalhof ein verträumtes Stück Alt-Nürnberg.

Ein Grundstück mit solcher Vergangenheit stellte Bauherrn und Architekten gleichermaßen vor schwierige Probleme. Die Fläche von 2400 Quadratmetern zerfiel ursprünglich in 40 Parzellen mit fast ebenso vielen Besitzern; diese "Handtücher" wollten erst einmal erworben sein. Professor Dr. Karl Friedrich Hagenmüller, Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, Frankfurt, dankte der Stadt für ihre Hilfe, durch die es möglich geworden ist, große Pläne für den Platz am Heilig-Geist-Spital zu schmieden.

Bei aller Rücksicht auf die Gegend mit großer Geschichte bemühten sich die Architekten – Dipl.-Ing. Eduard Kappler und Dipl.-Ing. Wilhelm Schlegtendal – vom typischen "Nürnberger Haus" mit Sandsteinfassade, schwerem Dach und kräftigem Profil wegzukommen, weil es nach ernsthaften Studien weder funktionell noch formal paßte. Bei ihrem Bankbau beschränken sie sich in der Höhe auf zwei Obergeschosse, die eine Fassade mit großformatigen, bronzefarbenen Metallplatten zur Schau tragen. Der Innenhof des Komplexes wird in den ersten Stock verlegt, damit das Erdgeschoß in seiner ganzen Grundfläche als großer, vollklimatisierter Schalterraum genutzt werden kann.

Das Gebäude geht ebenso in die Tiefe wie in die Höhe. Drei Keller bieten genügend Raum für die notwendigen Tresoreinrichtungen und ausreichend Parkplätze für die Wagen der Kunden. Eduard Kappler und Wilhelm Schlegtendal haben aber auch an viele Zutaten gedacht, die zu einer modernen Bank gehören: vom Autoschalter bis zum Angestelltenkasino. Baureferent Heinz Schmeißner lobte ihren Entwurf mit den Worten: "Die Bedeutung der (sie ist "Kopfstelle" für zehn Filialen in Franken und elf Zweigstellen in Nürnberg) kommt in der noblen Zurückhaltung bei der Gestaltung ihres Bauwerks zum Ausdruck!"

Oberbürgermeister Dr. Urschlechter zeigte sich erfreut darüber, "dass die Dresdner Bank einen neuen Punkt in der Altstadt setzt und damit eine erstklassige Visitenkarte für Nürnberg abgibt". Baureferent Schmeißner äußerte nur noch den einen Wunsch, der Bauherr möge an der Ecke Spitalgasse/Bischof-Meiser-Straße einen Brunnen oder eine Plastik zur Zierde aufstellen lassen. "Es kann ja ein Springbrunnen sein, der je nach der Höhe seines Strahls den Stand der Kurse andeutet!"

Der Neubau schließt jedoch nicht nur eine schmerzliche Lücke in der Altstadt, er eröffnet auch neue Möglichkeiten im Zentrum. Wenn die Dresdner Bank dereinst ihr bisheriges Domizil in der Karolinenstraße räumt, kann an dieser Stelle ebenfalls Neues entstehen. Die Stadtoberen träumen schon von einem Geschäftshaus mit Passagen zur Adlerstraße. So zieht ein Plan den nächsten nach sich…

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