16. August 1967: Die Polizei tut‘s billig

16.8.2017, 10:32 Uhr
16. August 1967: Die Polizei tut‘s billig

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Ganze fünf Mark werden in Rechnung gestellt, wenn die Beamten einen Betrunkenen auf der Straße auflesen und ihn zur Ausnüchterung zur Wache fahren. Für eine Stundenentlohnung von vier Mark sind sogar Polizisten zu haben, die auf Antrag privater Veranstalter Absperrungen übernehmen.

Die niedrigen Sätze hat sich die Polizei nicht etwa selbst verordnet. Vielmehr sind ihr in finanziellen Dingen die Hände gebunden, denn das Bayerische Kostengesetz schreibt solche „Dumpingpreise“ bindend vor.

16. August 1967: Die Polizei tut‘s billig

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Die Beamten müssen sogar eine Fülle von Leistungen vollbringen, die völlig kostenlos sind. „Erheblichen Zeitaufwand erfordern die Signalanlagen, deren Wartung uns übertragen worden ist“, seufzte Polizeipräsident Dr. Horst Herold. Hinzu kommen die vielen Baustellen, die alle zu überwachen sind. Jede Aufgrabung in der Stadt muß von der Polizei geprüft werden.

Die Aufzählung solcher Gratisleistungen läßt sich beliebig fortsetzen: Erkundigungen über Führerscheininhaber, Verständigung von Personen, deren Angehörige in Unfälle verwickelt wurden, Erteilung von Auskünften und Überwachung des Strafvollzugs. Die Beamten sind jährlich etwa 3.000 Leuten hinterher, die rechtskräftig verurteilt sind, sich aber von dem Gang in die Zelle drücken wollen.

Die Katze auf dem Dach…

Selbst Hunde und Katzen, die irgendwo im Stadtgebiet herrenlos aufgestöbert werden, dürfen auf die Fürsorge der Beamten rechnen. Grundsätzlich ist die Polizei nicht verpflichtet, sie in Tierheimen abzuliefern. „Aber“, so fragt besorgt ein Hauptwachmeister, „ich möchte den Aufstand in der Bevölkerung nicht erleben, wenn wir etwa einen Vierbeiner verhungern lassen.“ Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, „zu der wir angehalten sind“, ist ein weitgefächertes Gebiet.

Schon durchaus selbstverständlich ist der uniformierte Großeinsatz geworden, wenn im Club-Stadion das runde Leder rollt und Tausende von begeisterten Sportfans anlockt. Äußerst billig kommen Volltrunkene weg, die auf der Straße aufgelesen werden und in der Ausnüchterungszelle ihren Rausch ausschlafen. Das „Logisgeld“ beträgt grundsätzlich fünf Mark. Der gleiche Betrag wird in Rechnung gestellt, wenn unterwegs das Auto oder etwa der vergitterte Raum verunreinigt wird.

Etwa tausend Personen, die über den Durst getrunken haben, werden im Laufe eines Jahres von motorisierten Ordnungshütern chauffiert. Feste Gebührensätze hat die Polizei des weiß-blauen Bundeslandes für die Begleitung von Geld-, Schwer- und Großraumtransporten: ohne Rücksicht auf die Zahl der eingesetzten Beamten und Kraftfahrzeuge werden für jeden angefangenen Kilometer der Wegstrecke 1,50 Mark verlangt. Für Auskünfte, die an Private gegeben werden, berechnet die Polizei vier Mark.

Ein Verlustgeschäft

Aber nur ein Bruchteil der Forderungen, die von den Beamten für ihre Ermittlungstätigkeit gestellt werden können, sind später einzutreiben. Grundsätzlich müssen beispielsweise bei Verbrechen Telephongebühren und Fahrauslagen – pro Kilometer 40 Pfennig für Dienstautos und 20 Pfennig für Krafträder – ersetzt werden. „Im Strafrecht ist das ein großes Verlustgeschäft“, meint Präsident Dr. Horst Herold. Nur alle Schaltjahre sieht die Polizei das Geld wieder, das sie in einen Fall „investiert“ hat.

Als die Kripo die Akten über Klaus Gosmann schloß, waren ihr insgesamt 20.000 Mark an Unkosten entstanden. Obwohl inzwischen die Lebensgeschichte des fünffachen Mörders für teures Geld an eine Illustrierte verkauft wurde, kann die Polizei diesen Betrag abschreiben. Bei dem zu lebenslänglich Zuchthaus verurteilten Ex-Studenten ist nichts zu holen…

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