16. Juli 1968: Die Stadt pocht auf ihre Rechte

16.7.2018, 07:00 Uhr
16. Juli 1968: Die Stadt pocht auf ihre Rechte

© Zajet - Amt für Hochbauwesen

Beim Ringen um die neuen Regionen, in die Bayern in naher Zukunft eingeteilt werden soll, will der Stadtrat in seiner Sitzung am Mittwoch ein Machtwort sprechen.

Die Nürnberger möchten es auf keinen Fall zulassen, daß der Raum um ihre Stadtmauern so klein ausfällt, wie es ein Entwurf der Landesplanungsstelle für die Region 8 vorsieht. Sie haben beim kürzlichen Besuch von Innenminister Dr. Bruno Merk in ihrem Rathaus schon einen geharnischten Protest gegen diese Mini-Region angekündigt, die nur von Erlangen bis Roth, von Neustadt/Aisch bis Hersbruck reichen soll.

Stadtoberen und Rathaus-Politikern schwebt eher schon als sogenannter sozio-ökonomischer Lebensbereich (das ist der Fachausdruck) ein Gebiet nach dem Muster der Arbeitsgemeinschaft Fränkischer Wirtschaftsraum vor, in der heute Städte und Landkreise von Pegnitz bis Neustadt, von Forchheim bis Roth freiwillig zusammengeschlossen sind und ihre Probleme gemeinsam lösen.

Diese Arbeitsgemeinschaft hat beispielsweise den bekannten Fachmann Professor Schaechterle beauftragt, einen Generalverkehrsplan auszuarbeiten, aus dem sich später ein Zusammenhang zwischen den Wegen der Bahnen und der Autos ablesen lassen soll. Nürnberg hat ein ähnliches Gutachten beim gleichen Experten bestellt, weil es erfahren möchte, wie das nordbayerische Zentrum mit seiner Umgebung verflochten ist.

Auf jeden Fall will es nicht einsehen, daß die Landkreise Höchstadt/Aisch, Forchheim, Ebermannstadt und Pegnitz aus der Region 8 ausgeschlossen werden sollen, weil sie dem Regierungsbezirk Oberfranken angehören. Die Nürnberger glauben, daß gerade diese Kreise wirtschaftlich eng mit dem Industrieraum in der Stadt und darumherum verbunden sind, was schon allein die Tatsache erhellt, daß sie ohne jeden äußeren Zwang zur Arbeitsgemeinschaft Fränkischer Wirtschaftsraum gestoßen sind.

Mit größtem Argwohn…

Solche Wünsche ihrer mittelfränkischen Stammesvettern betrachteten die Oberfranken mit größtem Argwohn. Ein scheinbar nichtiger Anlaß hatte sie schon auf die Barrikaden getrieben. Als die Nürnberger ihre Stadt als Sitz einer gemeinsamen Oberforstdirektion für Mittel- und Oberfranken empfahlen, schrieb der Bayreuther Oberbürgermeister Wild an die Verlagsleitungen und Chefredaktionen in seiner Stadt und Nachbarschaft einen Brandbrief des Inhalts: "Es geht nicht so sehr um die Wegverlegung einer Mittelbehörde nach Ansbach bzw. Erlangen oder Nürnberg, sondern schlechthin um den Fortbestand des Regierungsbezirks Oberfranken." Die Gemüter in Bayreuth beruhigten sich auch nicht, als Landwirtschaftsminister Dr. Dr. Hundhammer fürs erste darauf verzichtete, ihre Oberforstdirektion aufzulösen.

Berichte aus den Nürnberger Nachrichten schickte der Oberbürgermeister seinen oberfränkischen Kollegen und den Landräten als Beweisstücke dafür, "daß die mittelfränkischen Ziele weiter gesteckt sind, als es ursprünglich bei den Bestrebungen um den Abzug der Oberforstdirektion den Anschein gehabt habe". Wild konnte sich dabei vor allem auf Oberbürgermeister Dr. Urschlechters Wünsche berufen, die vier Landkreise Pegnitz, Ebermannstadt, Forchheim und Höchstadt/Aisch in die Nürnberger Region einzubeziehen.

Andrerseits mußte das Bayreuther Stadtoberhaupt seinem Nürnberger Kollegen sogar recht geben, der Regionen nicht kurzerhand an Verwaltungsgrenzen angehängt sehen will, wenn es den natürlichen Gegebenheiten gar nicht entspricht. "Dr. Urschlechter hat ganz recht, daß ihm das nicht gefällt, denn gerade umgekehrt sollte es sein", meinte Wild.

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