2. April 1968: Metzgersgang zum Messehaus

2.4.2018, 07:00 Uhr
2. April 1968: Metzgersgang zum Messehaus

© Friedl Ulrich

Aber, aber mache sind auch auf diesen Scherz hereingefallen und zum Messehaus gewandert, um nach der Schau-Schlachtung die mitgeführten Taschen und Beutel füllen zu können. Zerknirscht müssen wir gestehen, daß mehr Leser kostenlos ihre Töpfe füllen wollten, als wir in den kühnsten Träumen angenommen hatten.Bei den vielen Nürnbergern, die einen Metzgersgang zu den Schweinehälften gemacht haben, leisten wir Abbitte. Nur nicht gleich böse sein, denn das Sprichwort sagt "Humor ist, wenn man trotzdem lacht".


Das bekannt einnehmende Wesen der Nürnberger hatte die Messehallen-Direktion frühzeitig Schlimmes schwanen lassen. Ehe ihr die Bude gestürmt werden konnte, hing sie im Vorraum Schilder mit der Aufschrift "April – April – April" auf. Trotzdem ging es in dem Hallenkomplex den ganzen Tag über zu wie in einem Bienenhaus. "Um 11 Uhr waren schon die ersten da", berichtet Hausmeister Hans Meiner. Die Besucher fragten ihn bohrend: "Wo gibt es das Fleisch?"

2. April 1968: Metzgersgang zum Messehaus

© Friedl Ulrich


Die kleine Völkerwanderung zum Berliner Platz erreichte gegen 14:30 Uhr ihren Höhepunkt, denn - so hatten wir angekündigt - eine halbe Stunde später sollte die Demonstration beginnen und jeder wollte vorne dran sein, wenn das Schweinerne pfundweise verteilt wird. Mit Kind und Kegel, Oma und Opa, strömten die einen Gäste unerschrocken direkt auf die Halle zu, während andere diskret aus dem Hintergrund beobachteten, ob da etwas zu holen sei. Die Männer der Schöpfung mit ihrem angeborenen Stolz schickten zuerst ihre Ehefrauen hinein, weil sie selbst nicht reinfallen wollten - ganz nach dem Motto: "Hannemann, geh Du voran!"


Die Hoffnungen auf billiges oder gar kostenloses Fleisch wurden noch von Schildern einer Firma "illig" genährt, die in den Gängen des Messehauses herumstanden. Im Übereifer lasen die meisten Besucher "billig" und marschierten schnurstracks zum Saal und in das Hohngelächter der dort arbeitenden Monteure. Sie mußten sich Wurstbrote unter die Nase halten und anflachsen lassen: "Schau, für 25 Pfennig habe ich das Stück Salami gekriegt..." Die Monteure machten sich einen Spaß daraus, die Genasführten von einem Eingang zum anderen zuschicken.


Kein Wunder, daß sich draußen Gruppen bildeten und mehr oder weniger zornig diskutierten. "Ich hätte mir gern ein paar Pfund mitgenommen", meinte eine Hausfrau aus der Felseckerstraße, die dafür sogar ihren Mittagsschlaf geopfert hatte. Viele Gespräche aber lassen sich gar nicht wiedergeben, weil ihr Inhalt beim besten Willen nicht druckreif ist. Uns in der Redaktion haben auf jeden Fall die Ohren mächtig geklungen.
Aber, wie gesagt, es war doch nur ein Scherz. Wenn der Weg zur Messehalle schon sonst nicht s eingebracht hat so doch wenigsten etwas für die Gesundheit: eine Spaziergang - und die Sonne lachte dazu.

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