2. Januar 1969: Pflüger und Schipper schufteten

2.1.2019, 07:10 Uhr
2. Januar 1969: Pflüger und Schipper schufteten

© Kammler

Heinrich Dorn, der Chef des Stadtreinigungsamtes, gab uns folgenden Lagebericht: "Seit 1. Januar, 20 Uhr, sind pausenlos 20 Schneepflüge im Einsatz." Wir können aber nur 150 Kilometer des insgesamt 750 Kilometer langen Straßennetzes der Stadt Nürnberg planmäßig räumen. Das sind die Bundes- und Durchgangsstraßen. Die 100 Mann Stammpersonal, über die wir verfügen, arbeiten seit 2 Uhr. Ab 6 Uhr kamen 130 Schaufler für 3,15 DM netto in der Stunde dazu, die uns das Arbeitsamt schickte. Wir konzentrierten unser Augenmerk auf Kreuzungen und auf Haltestellen der Straßenbahn und Omnibusse. Wir können uns nicht verzetteln, sonst wird die Situation hoffnungslos."

2. Januar 1969: Pflüger und Schipper schufteten

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Das Arbeitsamt: "Wir haben die Unterstützungsempfänger angewiesen, sich nach Schneefall bei der Stadt zu melden. Außerdem vermitteln wir kurzfristig Schneeschipper an Privatleute, die uns darum bitten. Wir konnten bisher jedem Hilfesuchenden dienen."

VAG-Direktor Wilhelm Wacker: "Die ganze Nacht waren wir mit Salzwagen unterwegs. Alle 117 Weichenheizungen wurden eingeschaltet. Die Züge rückten pünktlich aus. 120 Mann haben an den kritischen Punkten Schnee geräumt. Verspätungen konnten im Laufe des Tages nicht ausbleiben. Hut ab vor den Bürgern, die Verständnis für unsere besondere Lage aufbrachten und Wartezeiten in Kauf nahmen. Auch das Personal murrte nicht, wenn es mit der Ablösung nicht wie sonst klappte." Im übrigen beförderte die VAG gestern nicht wenige Kunden, die sonst auf ihre Dienste großzügig verzichten.

2. Januar 1969: Pflüger und Schipper schufteten

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Der Schnee aus der Sicht des ungehaltenen Autofahrers in Mögeldorf, der seinem Ärger bei uns Luft macht: "Da habe ich heute früh vor meinem Haus Schnee geräumt, und jetzt komme ich einfach nicht auf die Straße. Was die Stadt von mir verlangt, kann ich auch von der Obrigkeit erwarten. Ich bleibe hoffnungslos stecken und fahre jetzt mit dem Taxi."

Ein Taxifahrer: "Jetzt brauchen‘s uns! Und zwar ganz schnell. Ich kann aber nur einen nach dem andern fahren." Herr Jedermann aus Nürnberg: Er versuchte gestern, so gut wie möglich voranzukommen und geriet dabei nicht selten ins Schwitzen. Die Jungen sagten "Take it easy" – zu deutsch: mach dir nichts daraus –, die Alten erinnerten sich an ihre noch jungen Neujahrsvorsätze und hämmerten sich ein: "Dou kannst halt nix mach‘n".

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