20. Juni 1968: "Jeder Unternehmer ist ein Kunde"

20.6.2018, 07:00 Uhr
20. Juni 1968:

© Kammler

Unter dieses oberste Gebot will der neue Wirtschaftsreferent sein persönliches Handeln stellen. Dr. Wilhelm Doni versicherte bei seiner Jungfernrede vor dem Stadtrat, daß seine Behörde „jeden Interessenten praktisch an die Hand nehmen will, nicht um ihn zu gängeln, sondern um ihm den oft schwierigen Weg zu den verschiedenen Ämtern ebnen helfen“. All sein Sinnen und Trachten ziele darauf ab, den Menschen in dieser Stadt zu dienen, damit sie an den Segnungen des Fortschritts und des Wohlstands teilhaben können.

Der neue Referent war gleich ein vielbeschäftigter Mann, denn sechs Stunden lang stand er in der vordersten Front, als 18 Anträge aus der CSU-Denkschrift über „Wirtschaftsförderung in Nürnberg“ (eine „Morgengabe“ zu seinem Amtsantritt) in lebhaften und harten Debatten diskutiert wurden. Mit einer Reihe ihrer Wünsche kam die CSU auch zum Ziele.

„Vorhandenes erhalten und fördern“

Zwei Wochen nach seinem Einstand im Wirtschaftsreferat wartete Dr. Wilhelm Doni, seines Zeichens SPD-Mitglied, mit einem Bericht zur Lage der Nürnberger Wirtschaft auf, der ihm selbst bei der Opposition Pluspunkte einbrachte. Er verschwieg weder die Nachteile im Gefüge („Nürnberg als alter Industriestandort hat es in den Zeiten wachsender Wirtschaft und Vollbeschäftigung nicht leicht, neue Betriebe zu gewinnen“) noch verschloß er sich den Vorteilen, die er vor allem in der Elektrifizierung der Eisenbahnstrecken, im Ausbau des Autobahnnetzes und in der Zukunft als Hafenstadt („Wir können ein Kristallisationspunkt neuer Industrien werden“) erblickt.

So sehr Doni zu erkennen gab, daß er sich um neue Industriebetriebe bemühen will, so deutlich sagte er auch: „Mir wird es sehr darauf ankommen, das vorhandene Wirtschaftspotential zu erhalten und zu fördern.“ In beiden Fällen brauche er aber Grundstücke, um den Wünschen der Unternehmen gerecht werden zu können. Der Referent deutete an, daß er sich nicht mit der Erkenntnis zufrieden geben wolle, in Nürnberg sei Bauland knapp, sondern daß er mit aller Kraft das Problem zu meistern versuche.

Keine starren Pläne

„Wir müssen mehr Geld in unserem Haushalt für Grundstücke einsetzen, selbst wenn dies unter Opfern geschieht, weil sich bei steigender Steuerkraft andere Wünsche leichter erfüllen lassen!“ Selbst der Staatsforstverwaltung sollte es klargemacht werden können, daß Preisnachlässe dem ganzen Land zugute kommen, das schließlich von einer erhöhten Wirtschaftskraft profitiert.

Die Liste der Vorstellungen von Dr. Doni reichte von Gedanken an die City als Einkaufszentrum bis zu den Erholungsgebieten in und vor der Stadt. Er versprach ebenso sehr sich um eine rationell arbeitende Verwaltung wie um persönliche Kontakte zu allen Parteien im Wirtschaftsleben zu kümmern.

Planloses Probieren will Doni ebenso vermeiden wie starre Pläne. „Was nutzt die beste Planung, wenn es nicht gelingen wird, solche Überlegungen in praktische Ergebnisse umzusetzen?“ meinte der Referent, der mit Geduld und Beharrlichkeit an seine Aufgabe geht. Und noch einmal betonte der Neuling in der Ratsmitte, daß er sehr wohl die Fülle seiner Pflichten kennt: „Die Wirtschaft ist das Schicksal des modernen Menschen.“

Eine gute halbe Stunde lang steckte der Wirtschaftsreferent die Grenzen der städtischen Möglichkeiten zur Wirtschaftsförderung ab. Am Ende durfte er des Beifalls der SPD-Fraktion, später sogar lobender Worte aus den Reihen der Opposition sicher sein. Starke Kritik hingegen mußte sich CSU-Fraktionschef Dr. Oscar Schneider gefallen lassen, der eine eigene Denkschrift – „eine milde Pfingstbotschaft“ – zum Empfang von Dr. Wilhelm Doni erarbeitet und darin die Wirtschaftspolitik der Stadt in der Vergangenheit unter die Lupe genommen hatte. Als jedoch seine 18 konkreten Anträge zur Sprache kamen, die er aus diesem Werk ableitete, waren die Debatten zwar hart, aber sachlich.

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