22. Juni 1967: Dramatische Rettung

22.6.2017, 07:00 Uhr
22. Juni 1967: Dramatische Rettung

© Helmholz

Trotzdem wußte die 18 Jahre alte Oberschülerin Barbara L. gestern in der ersten Morgenstunde sofort: da ruft jemand in Todesangst. Von der Pegnitz her hörte man durch das Rauschen der hochgehenden Fluten die verzweifelte Stimme einer Frau.

Für Barbara und ihren Vater, den Bundeswehrangestellten Heinrich L., gab es kein Zögern – noch schlaftrunken rannten sie über die Wiese zur Brücke nahe dem Ohm-Polytechnikum. Vom hölzernen Steg her war auf dem dunklen Wasser nichts zu erkennen als sich im Wasser unruhig bewegende Äste. Doch der geübte Sportler und Leistungsschwimmer spurtete sofort auf die andere Seite und kroch durch das Ufergebüsch, in dem er einen Schatten erkannt hatte.

„Eine Frau hing in den Zweigen und klammerte sich mit letzter Kraft fest“, erzählte er später. Doch gestern früh („es muß genau halb vier gewesen sein“) zögerte er nicht, sondern sprang mit allen Kleidern ins zwei Meter tiefe Wasser. Er stützte die schwer atmende Frau und wies seine Tochter an, wie man die fast Leblose über die hohe Ufermauer an Land ziehen konnte. „Fünf Minuten später hätte die Strömung sie abgetrieben, denn sie war schon ein paarmal untergetaucht und eiskalt.“ An Land galt es für alle drei: Bewegung, tiefes Atmen – und vor allem, die Verwandten der Frau zu verständigen.

Doch die junge Barbara erlebte bei dem Versuch, den Ehemann der gerade Geretteten zu Hilfe zu rufen, eine herbe Enttäuschung. Und bald war es den beiden Lebensrettern klar, daß sie jemanden aus dem reißenden Wasser geholt haben, der nicht aus einem unglückseligen Zufall hineingefallen war. Fein säuberlich am Ufer standen Tasche und Schirm der ungefähr 39 Jahre alten Frau. Und bis heute haben Vater und Tochter noch kein Wort des Dankes von den Eheleuten gehört.

Statt dessen fand die von L. einige Zeit später verständigte Polizei heraus, daß die Frau nicht zum ersten Male einen Versuch unternommen hat, ihr Leben gewaltsam zu beenden. „Tatmotiv: vermutlich zerrüttete Familienverhältnisse“ sagt lakonisch der Polizeibericht…

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