23. November 1967: Zu kleine Küche für Krankenhausessen

23.11.2017, 07:20 Uhr
23. November 1967: Zu kleine Küche für Krankenhausessen

© Ulrich

Die Direktion des Klinik-Komplexes an der Flurstraße ist daher schon heilfroh, wenn ihr der Stadtrat demnächst 450.000 DM zugesteht, damit die langgedienten Gasbratöfen und Gasherde zum alten Eisen geworfen werden können. Neuartige Kochgeräte sollen die Arbeiten erleichtern und Platz sparen helfen.

"Wir brauchen Betten, Betten, Betten", diesen obersten Grundsatz der Krankenanstalten macht Verwaltungsdirektor Hans Weist dafür verantwortlich, daß die Küche bisher zu kurz gekommen ist. Und solange noch der Klinik-Bau 14 in der Höhe wächst, der 22,4 Millionen DM kosten wird (8,1 Millionen sind davon bisher finanziert), muß das Küchenpersonal weiter im engen und geräuschvollen Wirtschaftsgebäude aus dem vorigen Jahrhundert schmoren.

23. November 1967: Zu kleine Küche für Krankenhausessen

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Ein Trost bleibt freilich den 70 Leuten, die für das leibliche Wohl und Wehe der Patienten sorgen: im Hochbauamt werden schon die Pläne für einen Küchen-Neubau ausgetüftelt, der – wenn alles gut geht – in ein paar Jahren auf eine freie Fläche an der Poppenreuther Straße zu stehen kommen soll.

Direktor Weist und seine engsten Mitarbeiter träumen schon ein wenig von der Zukunft, die dann beginnen wird, anderswo aber – wie sie bei Reisen mit eigenen Augen sehen konnten – bereits begonnen hat. In neuen Krankenhäusern wandern Tabletts mit verschiedenfarbigen Bestellkarten über ein Fließband durch die Küche, werden unter strenger Aufsicht mit Normal-, Diät- oder Schonkost gefüllt und in einen Behälter mit Fächern geladen. Aber das ist für Nürnberg tatsächlich noch Zukunftsmusik.

Aus der Hallenküche "mit natürlichem Dunstabzug" (einer der wenigen Vorteile der alten Bauweise) kommen immer noch größere Behälter mit jeweils 36 Fleischportionen, 36 Kellen Kartoffelbrei und ebenso vielen "Schlägen" Gemüse. Auf der Station erst kann die Schwester die einzelnen Portionen aufteilen und in die Kliniken jüngeren Datums in einem Mikrowellengerät wieder aufwärmen. "Damit ist eine wesentliche Küchenarbeit in die Station verlagert und belastet die Schwestern", meint Hans Weist.

Trotzdem bleibt es schier ein Wunder, daß jeden Tag 2.600 Kranke die Kost bekommen, die sie brauchen. Auf ein paar hundert Quadratmetern muß das Küchenpersonal immer wieder eine erstaunliche Leistung vollbringen. Es genügt nicht, ein gewöhnliches Essen nach Kantinenart zu kochen, vielmehr gilt es 60 v. H. der Verpflegung als Diät- oder Schonkost anzurichten. Vor allem die Anforderungen an die Diätküche steigen ständig, denn die Innere Medizin nimmt immer breiteren Raum ein.

Ein willkürlich herausgegriffener Speisezettel zeigt, wie vielfältig die Krankenhausküche zu arbeiten versteht. Da gibt es an einem ganz gewöhnlichen Werktag für die Patienten der III. Pflegeklasse als "Allgemeine Kost" beispielsweise Blumenkohlsuppe, gekochtes Schweinefleisch in Tomatensauce, Spaghetti und grünen Salat. Wer auf Schonkost gesetzt ist, muß sich mit Blumenkohlsuppe, Nudeln und Schinken und Ei, Jägersauce und grünem Salat begnügen.

Der Magenfahrplan für Diät-Esser bietet ein breitgefächertes Sortiment von Nudelsuppe, Kartoffelbrei und Haschee bis zu Kalbfleischklößen, Kapernsauce, gedämpften Reis und grünen Salat. Wenn jeder Kranke pünktlich sein Essen am Bett stehen haben will, geht es in der Küche vorher auf engstem Raum um Sekunden.

In manchen anderen Krankenhäusern können die Patienten mit normaler Verpflegung zwischen drei Mahlzeiten wählen. "Diese Möglichkeit ist uns längst bekannt, aber bei unseren beschränkten Raumverhältnissen und alten technischen Einrichtungen können wir sie nicht bieten", erklärte Direktor Weist, der den Kranken gerne eine Wahl lassen möchte. Vorerst kann er den Patienten nur versichern, daß das Einkaufsbüro für die Küche nur die besten Lebensmittel bestellt, der Preis also eine untergeordnete Rolle spielt.

Von all diesen großen Schwierigkeiten merken die Patienten wenig, wenn nicht gar nichts. "Wir haben jährlich höchstens fünf Beschwerden über das Essen", sagt Oberverwaltungsrat Hans Häberlein, der stellvertretende Verwaltungsdirektor. "Was will das schon heißen bei 3.360.000 Portionen?"

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