24. Oktober 1967: Leidiger Alkohol im Blut

24.10.2017, 07:00 Uhr
24. Oktober 1967: Leidiger Alkohol im Blut

© Ulrich

Im grauen Einreiher, mit blau-weiß gestreifter Fliege und seinem Schnurrbart bot er die vertraute Erscheinung eines Mannes, der mit sich reden ließ. Er nahm es nicht krumm, daß er - eine Anspielung auf sein Amt als Chef der Verkehrsabteilung bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth - Sprudel und von den Besuchern viele Fragen vorgesetzt bekam, auf die er schlagfertige Antworten wußte.

Kurzum: Hans Sachs gab die Trümpfe zurück. Es ist leider nicht möglich, alle trefflichen Formulierungen und Vergleiche wortgetreu wiederzugeben. Aber hier sind einige Passagen aus dem Gespräch, das Redakteur Walter Schatz leitete und in dem es - wie könnte es auch anders sein - vorwiegend um "Alkohol am Steuer" ging.

Eröffnet aber wurde die Begegnung mit einer weniger dienstlichen Frage: Wie wird man Fernsehstar?

Hans Sachs: Ich habe Robert Lemke schon vor dem Kriege kennengelernt, aber wir haben uns dann aus den Augen verloren. Erst als ich 1953 den "Orden wider den tierischen Ernst" bekam, ist er wieder auf mich aufmerksam geworden. Als getreuer Diener meines Staates hab‘ ich mir überlegt, ob ich eine solche spielerische Tätigkeit ausüben kann. Aber ein Professor von der TH München war damals auch dabei, so daß ich Beamtenbedenken beiseite lassen konnte. Im übrigen kann ich damit beweisen, daß der Staatsanwalt nicht immer der blutrünstige Verfolger ist und sich nicht geniert, sich hie und da zu blamieren.

Frage: Sie haben kürzlich einen Fall von Trunkenheit am Steuer beim Landgericht angeklagt, um eine Behandlung vor dem Bundesgerichtshof mit dem Ziel zu erreichen, zu einer einheitlichen Rechtsprechung zu kommen. Warum?

Hans Sachs: Nürnberg war Jahre hindurch ein Bezirk, in dem Trunkenheitsfahrten relativ milde beurteilt wurden. Wir haben damit keine schlechten Erfahrungen gemacht. Menschen, die sich einmal vergessen und alkoholisiert ans Steuer setzen, sollte man Bewährungsfrist geben und nicht schlechter behandeln als einen Täter, der bewußt schädigen will. Wir sind jetzt darauf aus, eine Regelung durch den Bundesgerichtshof herbeizuführen und hoffen, daß die mildere Richtung siegt.

Frage: Haben harte Strafen bei Trunkenheitsdelikten Erfolg?

Hans Sachs: "Die Bestrafung der alkoholisierten Fahrer hat - wenn keine Bewährungsfrist gewährt wurde - keinen besseren Erfolg gezeigt als bei Bewährungsfrist. Mit der Abschreckung wurde nichts erreicht!"

Frage: Haben Sie Erfahrung, bei welcher Promillegrenze ein Mensch fahruntüchtig wird?

Hans Sachs: Die alte Grenze von 1,5 pro mille schien uns reichlich bemessen. Aber ich habe mich Untersuchungen im Gerichtsmedizinischen Institut Erlangen unterzogen. Einmal habe ich ohne Mahlzeit 28 Steinhäger getrunken und 1,75 pro mille erreicht. Ich wußte später nicht mehr, daß ich einen Baum ein zweites Mal gezeichnet hatte. 1,3 pro mille scheinen mir richtiger zu sein.

Frage: Welche Gewähr hat ein Kraftfahrer, daß die Meßwerte bei der Blutprobe stimmen?

Hans Sachs: Die Phiole mit dem Blut wird sofort beschriftet. Das Blut wird nach zwei Systemen (Widmark- und ADH-Methode) untersucht. Daneben wird eine Probe im Gefrierschrank aufgehoben, so daß jederzeit Nachmessungen vorgenommen werden können.

Frage: Wollen Sie nicht einmal auf das Fahrverbot eingehen?

Hans Sachs: Ja, das ist eine Maßnahme, die wir sehr begrüßt haben. Denn beim Führerscheinentzug mußte der Betroffene stets eine Art Spießrutenlauf durchmachen, ehe er seinen Führerschein wiederbekam. Diese Schwierigkeit gibt es beim Fahrverbot nicht, denn er wird nach dem Ablauf der Frist vom Gericht wieder ausgehändigt. Er kriegt ihn "in Natur" wieder zurück.

Frage: Wenn ein Autofahrer von der Polizei zur Blutprobe gebracht wird, obwohl er seit acht Tagen keinen Alkohol mehr getrunken hat: wer bezahlt die Kosten?

Hans Sachs: Der Polizist muß schon einen Stockschnupfen gehabt haben. Diese Fälle kommen nicht vor, aber soviel ich weiß, bräuchte der Autofahrer nicht für die Kosten aufkommen. Ich würde mich jedenfalls weigern.

Zum guten Ende aber von Oberstaatsanwalt Hans Sachs eine goldene Regel, die sich alle Verkehrsteilnehmer ins Stammbuch schreiben sollten. Als er über die Rechte der Fußgänger und die Autofahrer-Unsitten ausgehorcht wurde, gab er den guten Rat: "Wir dürfen nicht mehr so viel Recht haben wollen!"

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