26. Februar 1969: Bitte an die Parteien

26.2.2019, 07:00 Uhr
26. Februar 1969: Bitte an die Parteien

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Die Fraktionen im Rathaus werden es schon in den nächsten Wochen merken, daß ein neuer Geist den Turnunterricht an den Volksschulen beflügelt, und zwar wird der Elternbeirat um Gelder für eine bessere Ausrüstung der Sportstätten bitten.

Um es vorweg zu nehmen: die Eltern haben tüchtige Helfer gefunden. Sie werden versuchen, den Wunschkatalog, der am Montagabend in einer gemeinsamen Sitzung auf der Insel Schütt vorgetragen wurde, zu verwirklichen. Sie haben von Gartenbaudirektor Theo Friedrich die verbindliche Zusage, daß er die Schulgrundstücke gründlich überprüfen lassen wird, wo noch ein Plätzchen für Spielflächen übrig ist.

Freilich, die Betonung liegt hier vor allem beim „Bewegungsspiel im Freien“, das sogenannte Turngärten ermöglichen sollen – weniger beim Sport. Zwei werden im Frühjahr der Obhut der Kinder übergeben: die „Gärten“ am Vestnertorgraben (für das Schulhaus am Paniersplatz) und bei der Hegelschule. „Diese Einrichtungen mit Turngeräten wie Schwebebalken, Sechseckreck, Stufenreck, Sprossenwand und Stufenbarren sind einmalig in Nürnberg“, betonte Direktor Friedrich.

Wie er ausführte, braucht man für diese Areale 600 bis 800 Quadratmeter Fläche, die zwischen 6.000 und 7.000 Mark kosten. Friedrich hat auch schon einen Generalstabsplan im Tornister: die Turngärten sind bei 80 bis 90 Prozent der Schulen möglich; sie sollen nach und nach im gesamten Stadtgebiet angelegt werden. Während Friedrich jedoch erst einmal Erfahrungen sammeln will, wie die Plätze am Vestnertorgraben und an der Hegelschule ankommen, ist Günter Reisenweber überzeugt: „Die Kinder warten schon darauf.“

Stadtschulrat Kurt Gemählich denkt bezüglich der Turngärten an einen regulären Grundunterricht für die Klassen 1 bis 4. „Ich neige jedoch dazu, die Plätze auch für die Freizeit zur Verfügung zu stellen – wenn die Erfahrungen nicht gar zu deprimierend sind.“ (Der Chronist weiß, was der Schulmann befürchtet: ohne Aufsicht der Lehrer könnten die Geräte zweckentfremdet und in der Folge auch beschädigt werden. Auch muß man die Verletzungsgefahr der Kinder ohne Aufsicht einkalkulieren.) Dagegen glaubt Gartenbaudirektor Friedrich, daß diese Gefahren weitgehend ausgeschaltet sind, weil die Geräte in einfacher, starrer Stahlkonstruktion ausgeführt sind. „Drehkarussells und dergleichen mehr sind nicht vorhanden.“

Den rein sportlichen Sektor vertrat Georg Beil. Er will Erhebungen anstellen, wie viele Kinder zur Zeit den Vereinen angeschlossen sind. Nach groben Schätzungen schwanken die Zahlen zwischen vier und 40 Prozent. „Wir wollen die Kinder frühzeitig an den Sport binden, weil es in der Berufsschule leider keinen Turnunterricht gibt“, bekannte Beil seine Absicht, zum Talentsucher für die Sportvereine zu werden.

Georg Beil weiß zu genau, daß der Wille der Eltern und der Kinder vergeblich ist, wenn die Lehrer nichts taugen. Deshalb wird das Ausbildungszentrum im Stadion schon in Kürze seine Arbeit aufnehmen. In erster Linie geht es darum, einen tüchtigen Lehrstab heranzuziehen, der sein Können und Wissen auf die Kinder überträgt. Ein Plan, der Beachtung verdient, denn als Lehrwarte ausgebildete Lehrer sollen wiederum ihre Kollegen aufklären.

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