28. Mai 1967: Sportbetrieb beginnt

28.5.2017, 08:49 Uhr
28. Mai 1967: Sportbetrieb beginnt

© Gerardi

Trainer Max Merkel, von der Vorstandschaft auf dem Höhepunkt der Krise nach Nürnberg verpflichtet, bannte die Gefahr des Abstiegs. Die Mannschaft ist drauf und dran, die obere Tabellenhälfte zu erreichen. Nach den Punktspielen kann sie, ledig aller Sorgen, Kräfte für die neue Saison schöpfen.

Für die Vorstandschaft aber gibt es keine Pause. Die entscheidenden und schwierigen Verhandlungen über die Verpflichtung neuer Spieler stehen bevor. Das ist die eine Seite. Die andere: am Valznerweiher wird mit Hochdruck weitergearbeitet, um eine der schönsten vereinseigenen Sportstätten Deutschlands zu vollenden.

Heute beginnen die Tennisspieler des Club auf den neuen Plätzen am Valznerweiher, morgen findet das erste Hockeyspiel statt. In den ersten Junitagen werden die Umkleideräume für 500 Sportler, die Turnhalle und deren Nebenräume ihrer Bestimmung übergeben. Der Sportbetrieb am Valznerweiher läuft an.

Die Zeit der Provisorien, besonders für die Amateur- und Jugendmannschaften der Fußballer ist bald vorbei. Diese mußten im vergangenen Jahr manches Opfer bringen; ihre Trainingsmöglichkeiten waren alles andere als ideal. Sie waren heimatlos, seit der alte Sportpark Zabo abgebrochen worden war. Jetzt aber ist das Ende der mißlichen Umzugszeit in Sicht.

Clubhaus steht im Rohbau

Aber auch nach dem Beginn des Sportbetriebs am Valznerweiher wird das 240.000 Quadratmeter große Gelände noch eine riesige Baustelle bleiben. Von früh bis spät donnern Die Bulldozer, surren die Kräne, hämmern die Handwerker, schuften die Platzwarte. Das Kernstück der Anlage, das neue Clubhaus, steht im Rohbau. Die Hauptkampfbahn entsteht, die Tennisplätze sind fertig, das neue Schwimmbad ist betoniert. Einschließlich aller Grunderwerbs-, Planungs- und Erschließungskosten hat der 1. FC Nürnberg bisher 6,4 Millionen Mark ausgegeben. Gegenwärtig sind an die 100 Mann an der Baustelle tätig; sie erbringen eine wöchentliche Bauleistung von 100.000 DM.

Kein Wunder natürlich, daß bei einem solchen großen Projekt Schwierigkeiten auftauchen. "Doch dafür", so heißt es in der Vereinszeitung des 1. FCN, "kann niemand verantwortlich gemacht werden". Wer konnte vor Jahren, als die Finanzierungspläne für den Neubau erstellt wurden, ernsthaft ahnen, daß sich die Auszahlung der versprochenen Zuschüsse wegen der angespannten Haushaltslage der öffentlichen Hand verzögern würde? "Nur phänomenale Hellseher können glaubhaft machen, ähnliches geahnt zu haben", meint das offizielle Club-Organ. Gewiß, manches hat sich in den letzten Monaten verzögert. Dem Zeltabbruch im Zabo folgte nicht - wie ursprünglich geplant - der Einzug am Valznerweiher. Aber welches Projekt dieser Größenordnung geht schon reibungslos über die Bühne? Wo gibt es keine Schwierigkeiten?

"Verpflichtungen werden erfüllt"

Clubvorsitzender Walter Luther sagt klipp und klar: "Ich bin sehr optimistisch. Die von Bonn ausgehende neue Investitionswelle der öffentlichen Hand läßt es als sicher erscheinen, daß die von Stadt, Staat und Bund zugesagten Zuschüsse in nächster Zeit zu fließen beginnen. Damit können alle aus den weiteren Bauarbeiten am Valznerweiher entstehenden Verpflichtungen auch gedeckt werden." Dort wird jedenfalls mit Hochdruck weiter gearbeitet. Gerüchte über eine "Ebbe" in der Clubkasse sind nach Luthers Worten aus der Luft gegriffen, zumal sich die Einnahmen aus den Fußballspielen der letzten Monate günstig entwickelt haben.

Der Vorsitzende weist darauf hin, daß es bisher nirgends in der Bundesrepublik ein Projekt gegeben hat, zu dem ein Sportverein eine derart hohe Eigenleistung erbracht hat. Daraus resultiere für die öffentliche Hand geradezu eine Verpflichtung zu finanzieller Hilfe. Die 3000 aktiven Mitglieder des Vereins hätten einen Anspruch darauf, daß der Bau ihrer neuen Sportanlage öffentlich gefördert werde. Und schließlich wäre dem Club manche Schwierigkeit erspart geblieben, hätten sich die Grundstücksverhandlungen, die seit 1958 am Anfang des Projektes standen, nicht so endlos hingezogen. Der Kampf mit dem Fiskus verschleppte den Baubeginn immer wieder. Vorstand Luther: "Wir hätten zwei Jahre früher bauen sollen, dann wäre manche Mißlichkeit beim Umzug vom Zabo zum Valznerweiher gar nicht entstanden, dann wäre der Spendenaktion zugunsten des Clubs auch wohl ein größerer Erfolg beschieden gewesen."

Im nächsten Jahr wird das alles vergessen sein. Der 1. FC Nürnberg hat das kühnste Projekt seiner Vereinsgeschichte gewagt und es steht - nimmt man nur alles in allem - kurz vor der Vollendung. Die größte Gefahr - Abstieg in die Regionalliga und der damit verbundene Einnahmenschwund - ist gebannt worden. In einer Zeit, in der fast alle öffentlichen Bauten ruhten, wurde am Valznerweiher weitergebaut. Und in den nächsten Monaten wird das Gelände seiner Fertigstellung entgegengehen. Der Club wird einer der modernsten Vereins-Sportanlagen der Bundesrepublik besitzen, wird zum vierten Mal in seiner stolzen Geschichte neu Quartier beziehen. Dann können die Aktenberge, die sich auf den Schreibtischen der Clubvorstände türmen, ins Vereinsarchiv verschwinden. Allzu weit ist es nicht mehr bis dahin.

Verwandte Themen


Keine Kommentare