28. Oktober 1968: Wundertüte für die Hausfrauen

28.10.2018, 07:00 Uhr
28. Oktober 1968: Wundertüte für die Hausfrauen

© Kammler

Zum 15. Male zeigten 329 in- und 39 ausländische Aussteller, darunter auch erstmals Holland und wie in den Jahren zuvor Dänemark, für jeden Geschmack und für jeden Geldbeutel etwas. So war es kein Wunder, daß bei den meisten Gästen das Portemonnaie immer schmaler und die Einkaufstaschen immer praller wurden.

Nur eines gab es nicht für den prominentesten „Schaufensterbummler“ Bundesministerin Käte Strobel: „Milch“. Die charmanten Hostessen von Holland und Dänemark trösteten sie mit einem jungen Genever und einem kühen Bier. Viele Hausfrauen sahen sich am Wochenende jedenfalls der Sorge enthoben: „Womit stopfe ich die hungrigen Mäuler meiner Lieben?“ Wie die Kinder aus der Wundertüte naschten und probierten die Erwachsenen Käse und Kaffee, Suppe und Wein, Quark und Säfte, alles durcheinander, während die Kleinen im Kindergarten gut aufgehoben waren.

28. Oktober 1968: Wundertüte für die Hausfrauen

© Kammler

Es summte und brodelte in den sechs Hallen wie in einem Bienenhaus. Hier knüpfen junge Leute Teppiche, dort werden die passenden Staubsauger dazu ausprobiert, hier zischt der Darnpf aus Schnellkochtöpfen, da duftet es nach frischem Toast. Große Pläne mit dem kleinen Rechteck ihrer Küche schmiedet eine Hausfrau zusammen mit dem Berater der „Arbeitsgemeinschaft moderne Küche“. Die Badewanne im Einbauschrank, das Bett in der Bücherwand oder der aufklappbare Herd, so kann die Dame des Hauses mehr Arbeltsfläche gewinnen.

Einen bunten Strauß voller Anregungen kann die Hausfrau mit nach Hause nehmen. In den Sonderschauen bilden „Blumen im Heim“ und „Festliches Porzellan Europas“ die farbigen Tupfer. Die Bayerische Hausfrauenvereinigung gibt Tips und Kostproben für die „schlanke“ Linie, der Nürnberger Hausfrauenbund hilft bei der Hauswirtschaft, das Ernährungsstudio plant den Speisezettel.

Die überflüssigen Pfunde sind vergessen bei den fränkischen Spezialitäten, die der Bayerische Bauernverband anbietet, um damit die Leistungsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft zu beweisen. Schon bei der Eröffnung der Ausstellung am Samstagvormittag brachen die Tische in der Gaststätte beinahe unter all den Köstlichkeiten, zu denen der Bauernverband die Vertreter des öffentlichen Lebens geladen hatte.

Der Präsident, Bundestageabgeordneter Georg Ehnes, machte die Leckerbissen mit einem Lob für die Landwirte besonders schmackhaft. „Wir brauchen die Konkurrenz in der EWG nicht zu fürchten, denn unter Opfern haben wir einen hohen Stand erreicht und die Landwirtschaft vom Selbstversorger zum Produzenten gemacht.“

Auch die Politik hat ihren Platz in der „Einkaufstasche“ gefunden. Neben der Sonderschau des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen mit dem Thema „Politik in Deutschland“ wirbt die SPD an ihrem Strand, an dem sich am Wochenende die Landtagsabgeordneten Bertold Kamm, Ferdinand Drexler und Alfred Sommer, Stadträtin Käte Reichelt, Stadtrat Rolph Mader und abends sogar Bundesministerin Käte Strobel den Fragen der Gäste stellten.

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