29. Dezember 1967: Die Umtauschlawine läuft an

29.12.2017, 07:00 Uhr
29. Dezember 1967: Die Umtauschlawine läuft an

© Ulrich

In den Nürnberger Geschäften - soweit sie nicht der Nahrung dienen - wird kaum mehr etwas verkauft - es wird getauscht. Nichts wird als zu unmöglich empfunden, als daß man es nicht doch umzutauschen versucht. Was nicht paßt, was nicht gefällt - zurückzutragen gibt es vieles. Stöhnen geplagte Verkäuferinnen und Verkäufer in den Einzelhandelsgeschäften der Nürnberger Innenstadt: „Das Fest der Freude wird bei uns ein großes Leiden!“ Denn kaum gelingt es den „Rückträgern“, für das zurückgetragene Geschenk den erhofften Ersatz zu bekommen. Und was die Verkäufer in erster Linie zu schreiben haben, sind Gutscheine, Gutscheine, Gutscheine … Der Leiter einer Sportabteilung: „Das ist für uns die Gleichung plus minus null: was die einen zurückbringen, nehmen die nächsten wieder mit. Und umgekehrt, sie wollen es ja nicht anders.“ Und was wird zurückgetragen? „Alles, überhaupt alles, vom Ski bis zum Fäustling, vom Pistenwachs bis zur Lastexhose. Wir sind dabei keineswegs sonderlich überrascht, es ist jedes Jahr dasselbe!“

29. Dezember 1967: Die Umtauschlawine läuft an

© Ulrich

Das Rennen nach dem Geschenk-Ersatz macht dabei keineswegs nur bei nicht passenden Größen oder schmucklosen Schmuckwaren halt. Sogar in Parfümerien und Plattenläden, Süßwarenabteilungen und Antiquitätenläden bangen fragende Gesichter: „Nemma‘S mir etz des Zeich zurück?“ So geschehen in einer Parfümerie: „Also glauben‘S etz aa, dou hout ma mei Frau a After Schäive odda wäi des haßt geschenkt, des wo nach Tabak riecht. Etz waß doch däi ganz genau, daß iech seit Joahr und Toch net rauch. Gelln‘S, dou gem‘s ma doch a weng an andern Duft dafier, odda?“ Solche Wünsche freilich kann die Kosmetikerin nicht erfüllen und auch im Grammoladen muß die Verkäuferin bedauern: „Wer soll mir denn die Platte mit dem Riesenkratzer noch abnehmen? Dafür müssen Sie schon Verständnis haben!“ – „Ach Gottla naa, des versteht doch a jeds, der wo Kinder hat, daß die Klann imma droh rumbasteln mäihn!“

Belauscht in einem Schmuckgeschäft: „Wissen Sie, mein Mann weiß das nicht so!“ – „Bitte was, gnä Frau?“ – „Daß ich die Brosche nicht tragen kann. Die macht mich ja um 20 Jahre älter. Dieser Ring da, das wäre schon mehr was für mich!“ – „Der ist aber auch gleich viel teurer!“ – „Da schau dir nur den Knauser an, immer das Billigste vom Billigen für die eigene Frau!“ (Man einigte sich aber doch noch auf ein Bernsteingehänge!)

Belauscht in einem Bekleidungshaus: „Bass‘n douts net gscheit, am Bobbas ziechts a weng, es Hösla. Dou nemmi a andersch!“ – „Sie haben aber schon ein paar Flecken hineingebracht, also müssen Sie die Hose doch schon getragen haben!“ – „A gäih, des sind doch kanne Fleckng net, des is es Kerzenwax vo der Bescherung!“ (Wurde dennoch umgetauscht!) Belauscht in einer Haarboutique: „Aba Fräulein, mit dieser Perücke, vor allem mit dieser Farbe, sehe ich ja aus wie ein Eichhörnchen, det kann ich nich aufsetzen!“ – „Aber die gnä Frau hat sie doch selber ausgesucht vor dem Fest!“ – „Sicher, sicher, das war aba schon jejen Abend, da war ein anderes Licht, wa?“ – „Das kann nicht soviel ausmachen.“ – „Wissen Se, was meine Nachbarin jesagt hat? An mich könne Sie sich auch noch dunkel erinnern, wat sajen Se nu?“ (Die Verkäuferin konnte die Kundin dennoch überreden!) Doch kaum verließ diese den Laden, schüttelte sie den Kopf: „Wetten, daß sie bald wiederkommt!“ Sicher hat sie recht.

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