29. Juni 1968: Ein Laubfrosch als Kulturberater

29.6.2018, 07:00 Uhr
29. Juni 1968: Ein Laubfrosch als Kulturberater

© Ulrich

In den meisten Fällen aber ist vorgesorgt, damit ein Konzert statt im Burggarten in der Kaiserstallung, statt im Rathaushof im Heilig-Geist-Spital über die Bühne gehen kann.

Trotzdem ist Kulturreferent Dr. Herrmann Glaser schon fast geneigt, sich einen Laubfrosch anzuschaffen, damit er das Wetterglück besser einschätzen kann. Das bunte Programm von "Sommer in Nürnberg", das von den Hans-Sachs-Spielen bis zu Ars-Nova-Konzerten reicht, wird durchgezogen, welche Miene auch immer der Himmel macht. In den meisten Fällen, in denen Freilichtveranstaltungen geplant sind, ist vorsichtshalber auch ein Saal gemietet, damit ein Abend nicht im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser fallen muß.

29. Juni 1968: Ein Laubfrosch als Kulturberater

© Ulrich

Nur eine knifflige Stelle macht den verantwortlichen Männern im Rathaus zu schaffen: der Garten hinter dem Anwesen Johannisstraße 13. für den es keine Ausweichmöglichkeit in nächster Nähe gibt.

Gerade heuer mußte sich Dr. Martin Brons, der Organisationsleiter für das Amt "Dürer-Jahr" und ein alter Sommer-Mitgestalter, Sorgen über das Programm "Kunst an historischen Stätten" machen, denn auf dem Titelblatt der Einladung erstrahlt eine dicke Sonne über dem Panorama der Stadt. Das Wetter aber sah bisher keineswegs so aus, als ob die Musik und das Schauspiel am Abend noch von der untergehenden Sonne begleitet werden sollten. Mehr denn je mußte er am Tag vor einer Veranstaltung früh, mittags und abends das Wetteramt anrufen, um zu hören, ob im Freien gespielt werden kann.

Mit diesem vorsorglichen Rundruf hat das Kulturreferat in den 15 Jahren, in denen es nach dem Kriege Burgserenaden gibt, nur zweimal Pannen erlebt, denn da regnete es mitten ins Konzert hinein. Ansonsten meinte Dr. Brons: "Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wissen wir, wo wir konzertieren müssen!" Das Wo ist ausschlaggebend, wenn die Stadt nicht Geld verplempern will. Kürzlich beispielsweise war schlechtes Weiter vorhergesagt, so daß ein Lastwagen für den Instrumententransport von der Johannisstraße zum Konservatorium der Musik bestellt werden mußte, der dann an einem strahlenden Sonntag gar nicht gebraucht wurde.

Der Rittersaal ist sehr gefragt

Mit der Reihe "Kunst an historischen Stätten", die viele Sehenswürdigkeiten von der Kraftshofer Wehrkirche bis zum Park des Hummelsteiner Schlößchens, vom Herrenschießhaus bis zum Heilig-Geist-Spital einbezieht, leistet die Stadt, wie immer wieder bestätigt wird, einen wertvollen Beitrag, Gäste anzuziehen und in ihren Mauern zu halten.

Die Fremden sind sogar die zuverlässigsten Besucher des "Sommers in Nürnberg", denn sie vertreiben sich selbst bei schlechtem Wetter die Zeit, während sich die Nürnberger ein bißchen wetterwendischer zeigen. Dr. Brons aber wäre froh, wenn die Stadtbevölkerung in jedem Fall soviel Einsicht zeigen würde, daß nicht irgendwo ein Saal nur halbvoll bleibt.

Den stärksten Besuch darf bei jeder Gelegenheit der Rittersaal der Burg erwarten, der einen großartigen Blick über die ganze Stadt bietet. Diese Nürnberger Erfahrung deckt sich mit den Erkenntnissen anderer Städte. Die Würzburger sagen beispielsweise: "Wenn wir auf der Festung Marienberg etwas veranstalten und Kerzen anzünden, dann ist das Haus ausverkauft!" Ein Hauch von Romantik weht aber an all den historischen Stätten, an denen bis zum 4. September in Nürnberg Musik erklingt.

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