29. September 1968: Hochwertige Ware ist knapp

29.9.2018, 07:00 Uhr
29. September 1968: Hochwertige Ware ist knapp

© Kammler

Ein prüfender Blick kann verhindern, daß neun Mark für einen Zentner zum Fenster hinausgeworfen werden. Das schlechte Wetter der letzten Wochen und Monate, das den Bauern hart zugesetzt hat, wirkte sich besonders ungünstig auf die Kartoffelernte aus. Auf manchen Feldern, die lange unter Wasser gestanden hatten, waren die Früchte derart verfault, daß sie gar nicht erst geerntet, sondern gleich im Boden gelassen wurden. In Gebieten wie Westmittelfranken mit ihren schweren Böden gediehen die Kartoffeln weit schlechter als beispielsweise in der Gegend um Nürnberg und Schwabach, in der Sand vorherrscht.

Die Städter müssen inzwischen schon selbst gemerkt haben, daß bei den Bauern in diesem Jahr nicht alles nach Plan läuft: während sonst um diese Zeit Fuhrwerke die Früchte der Felder von Haus zu Haus fahren, sind solche Wagen bisher noch kaum zu sehen gewesen. Statt dessen laufen auf dem Lande die Kartoffel-Trocknungsanlagen und Dämpfkolonnen auf vollen Touren. Beide verarbeiten die Ware zu Futter, weil sie sich als Speise nicht anbieten läßt. Ermann sieht die Folgen für die Zukunft schon voraus: „Es gibt mehr Futter, daher werden mehr Schweine gezüchtet – und im nächsten Jahr haben wir wieder einen Schweineberg.“

Der Bauernverbands-Direktor weiß aber wohl, daß auch die Hausfrauen zu guter Ware kommen können, wenngleich Kartoffeln in Mittelfranken knapp sind. Er ruft die Städter dazu auf, ihr Augenmerk besonders auf vier Punkte zu lenken: die Qualität, die Sorte, die Sortierung und die Haltbarkeit. Den Ansprüchen an gleichmäßige und einwandfreie Knollen werden am besten handgelesene Kartoffeln gerecht, weil der Bauer beim ersten Griff merkt, wie sie ausgefallen sind. Heinrich Erdmann ist überzeugt davon, daß jeder Landwirt seiner Kundschaft einwandfreie Ware anbieten wird, „denn sonst braucht er sich nicht mehr sehen zu lassen“.

Für neun Mark (mit Abweichungen nach oben und unten) für den Zentner sei, so glaubt der BBV-Direktor, aber jede Hausfrau vor einem Lotteriespiel gefeit. Deshalb empfiehlt er auf jeden Fall, von dem Angebot in den nächsten Wochen Gebrauch zu machen. Denn: „Im Winter werden die Kartoffeln von guter Qualität rar und entsprechend teuer sein.“

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