3. Juli 1968: Hilfe durch Rotjacken

3.7.2018, 07:00 Uhr
3. Juli 1968: Hilfe durch Rotjacken

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Den Ausflüglern aber, die jetzt wieder an jedem Wochenende in Scharen Pflaster und Asphalt fliehen und mit Kind und Kegel in der idyllischen Landschaft Erholung suchen, sind sie als Helfer und Ratgeber gut bekannt. Auch die Kletterer, die an den grotesken Felszacken ihren Sport betreiben, wissen, daß sie im Notfall stets mit den „Rotjacken“ rechnen können, die im übrigen mit der dörflichen Bevölkerung auf gutem Fuß stehen.

Erst vor wenigen Wochen wurden sie wieder zu zwei schweren Unfällen gerufen: am Himmelfahrtstag war an der Mittelbergwand im Hirschbachtal ein Bergsteiger 23 Meter tief abgestürzt. Am Kreuzfelsen am Schwarzen Brand versorgten sie ein 15 Jahre altes Mädchen, das sich bei einem Sturz schwere Verletzungen zugezogen hatte.

Allwöchentlich am Samstag packen die rund 60 Aktiven der Nürnberger Bergwacht ihre Rucksäcke und brechen zu ihren Posten auf, die im Laufe der Zeit errichtet werden konnten. Die Hütte in Kersbach unterhalb des Rothenbergs – von den Eingeweihten nach dem Bereitschaftsleiter Martin Kratzer die „Martinsklause“ genannt – war vor Jahren die erste feste Unterkunft. Die schmucke „Peter-Schöner-Hütte“ unterhalb des Prellsteins bildet das vorläufig letzte Glied der Kette. Sie wurde als ehemaliges Wochenendhäuschen von einem Privatmann erstanden, in eigener Regie wieder instand gesetzt, Stück für Stück auf den Berg hinaufgeschleppt und zusammengebaut.

Nicht nur Wanderer

Dazwischen entstanden die Stützpunkte in Untertrubach, Unterhirschbach und Heuchling, an denen ebenfalls am Samstag ab 15 Uhr und an den Sonntagen ab sieben Uhr die Nürnberger Bergwachtmänner Wache halten, zuweilen begleitet von ihren Familienangehörigen und ständig bereit, sich im nächsten Augenblick auf den Weg zu machen, wenn sie ein Hilferuf erreicht.

Wenn die zweiköpfige Hüttenbelegschaft ihren Dienst antritt, müssen zunächst alle Geräte durchgesehen und griffbereit zurechtgelegt werden. Im Ernstfall marschiert der erste Helfer sofort mit dem Verbandskasten los, um dem Verunglückten Erste Hilfe zu leisten. Ihm folgt der zweite Mann, der den schlittenähnlichen Akia mitnimmt und unterwegs nach Möglichkeit einige Leute aufklaubt, die beim Transport des Verletzten mit Hand anlegen können. Denn es ist nicht ganz einfach und erfordert einige Kraft sowie Geschicklichkeit, mit dem Fahrzeug im Gelände zurechtzukommen.

Übrigens: nicht nur Wanderer und Kletterer gehören zu den „Klienten“ der Bergwacht. Kürzlich wurde auch ein Fußballspieler versorgt, der sich bei einem Treffen in Hirschbach einen komplizierten Unterschenkelbruch zugezogen hatte.

Übung im September

Die Zeit zwischen den Dienstleistungen füllen die „Wachhabenden“ damit aus, ihre Hütten zu säubern oder Schäden auszumerzen. Manchmal setzen sich die beiden Männer in den leuchtendroten Windjacken zum Karten- oder Schachspiel auf die Holzbank. Nicht gestattet ist ihnen jedoch, selbst einen Ausflug zu machen. Sie müssen, um jederzeit erreichbar zu sein, auf ihrem Posten bleiben. 1296 Bereitschaftsdienste sind auf diese Weise im vergangenen Jahr zusammengekommen.

Neben dem Dienst im Zeichen des Roten Kreuzes kümmern sich die Bergwachtler – sie kommen aus allen Berufen – auch um die Natur. Im Frühjahr und in der Blütenzeit unternehmen sie in ihrem Gebiet Streifengänge, um zu verhindern, daß sich die Gäste aus der Großstadt wie die Axt im Wald benehmen, unter Naturschutz stehende Pflanzen für den eigenen Garten ausgraben oder seltene Blüten pflücken. Außerdem weist Bereitschaftsleiter Martin Kratzer nicht ohne berechtigten Stolz darauf hin, daß seine Leute auch mit von der Partie sind, wenn in der Rot-Kreuz-Klinik schwer körperbehinderte Kinder betreut werden müssen.

Daneben gilt es, ständig auf den Ernstfall vorbereitet zu sein, stets das Bergen von Menschen aus dem überhängenden, grifflosen Fels zu trainieren. Um ihr bergsteigerisches Können wieder einmal unter Beweis zu stellen, plant die Bergwacht, im September an der Mittelbergwand – obwohl sie nur 20 Meter hoch ist, weist sie einen Schwierigkeitsgrad 5 auf – eine Übung zu veranstalten.

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