3. März 1969: Blühende Pracht – en gros angeboten

3.3.2019, 07:00 Uhr
3. März 1969: Blühende Pracht – en gros angeboten

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Bei der Eröffnung der 15. Bayerischen Pflanzen- und Bedarfsartikelbörse am Samstag früh im Europa-Haus versicherte Stadtrat Hans Satz (SPD) in Vertretung des Oberbürgermeisters, daß der seit langem geforderte Blumengroßmarkt Wirklichkeit wird. Platz für 1.000 bis 2.000 Quadratmeter Verkaufsfläche ist auf dem Gelände des Großmarkts für Obst- und Gemüse an der Leyher Straße vorhanden.

Der Präsident des Bayerischen Gärtnereiverbandes, Senator Ludwig König (München) hörte es mit großer Genugtuung, lobte Mittelfranken als Mittelpunkt im bayerischen Gartenbau und die Börse in Nürnberg als die beste im Bundesgebiet.

„Nürnberg ist von Aschaffenburg genauso schnell zu erreichen wie von München. Die hier ansässigen Großbetriebe können sich sehen lassen, und die Aussteller sind bisher immer wieder zur Börse wiedergekommen, weil sie gute Umsätze erzielten“, vergaß der Senator nicht hinzuzufügen.

Zuvor hatte Börsenleiter Ludwig Graf (Nürnberg) die Entwicklung der Pflanzenschau geschildert, die vor acht Jahren zum ersten Male im Parterre des Max-Scherer-Hauses durchgeführt wurde und heute so umfassend ist, daß die Aussteller nicht einmal mehr im Europa-Haus alle Platz finden.

Der anschließende Rundgang durch die Schau bewies dann auch, daß Senator König („Der deutsche Gartenbau ist heute wieder führend in der ganzen Welt, wir müssen uns jetzt nur um den Anschluß über Deutschlands Grenzen hinaus bemühen“) nicht übertrieben hatte: für einige hunderttausend Mark grünte und blühte es, daß die Augen gar nicht alles auf einmal erfassen konnten, wurde ein umfangreicher Maschinenpark von der Kranzwickelmaschine bis zum modernsten Rasenmäher vorgeführt, boten führende Verlage ihre Fachliteratur an.

Bewundernswert ist die Offenheit der Aussteller, denn der neutrale Besucher konnte sich anhand der in der Messehalle geforderten Preise leicht ein Bild über die Bruttoverdienstspanne der Einzelhandelsgeschäfte machen. Kleine Beispiele dafür: ein Orchideenstock wurde zwischen 28 und 30 Mark gehandelt, eine quadratmetergroße Schale mit Kakteen der verschiedensten Arten für 120 Mark abgesetzt …

Apropos Kakteen: da waren stachlige Pflanzen zu sehen, die in ihrer Heimat Mexiko tonnenschwer und sehr alt werden. Dabei wachsen sie nur in der Regenzeit und von tausend Samenkörnern treibt vielleicht einmal eins neues Leben. Die deutschen Gärtner, die den Samen importieren, erzielen in ihren Gewächshäusern wesentlich bessere Erfolge. Freilich, ihre Züchtungen bleiben „Liliputaner“. Ein „Rotkäppchen“ gibt den bundesdeutschen Floristen noch Rätsel auf. Sie wissen zwar, daß auf einen gesunden Kaktus ein chlorophyllarmer (kranker) Kaktus gepropft wird, „aber wir wissen nicht, wo die rote Farbe herkommt. Wahrscheinlich spritzen die Japaner einen Farbstoff“. Für unsere Gärtner ist es auch zweitrangig. Sie freuen sich viel mehr darüber, daß es ihnen gelungen ist, der gefürchteten „Gurkenwelke“ Herr zu werden. Für den Laien: Gurkentriebe werden auf Kürbispflanzen veredelt, die gegen die Welke unempfindlich sind.

Als gestern abend die Ausstellung zu Ende ging, hatten sich über 20 000 Besucher über den Leistungsstand des deutschen Gartenbaus informiert. Ihre Meinung faßte Gartenbaudirektor Theo Friedrich zusammen: „Das adrett aufgebaute Angebot war schon recht reichhaltig und zum überwiegenden Teil von hervorragender Qualität.“

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