31. März 1969: Wettlauf für die Abrüstung

31.3.2019, 07:00 Uhr
31. März 1969: Wettlauf für die Abrüstung

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Die Fußgänger säumten die Straßen, um die außerparlamentarische Opposition in Aktion zu sehen; für ihre Ziele hatten nur die wenigsten Verständnis. Der großen Kälte wegen hielten sie es auch nicht lange aus. Bei der Abschlußkundgebung in der Pfannenschmiedsgasse kamen sie allerdings auf ihre Kosten: mit Stöcken, Erdklumpen, Steinen und Feuerwerkskörpern versuchten die Demonstranten den starken Polizeikordon zu durchbrechen. Die Mutigsten mußten dabei Schläge mit dem Gummiknüppel einstecken.

Die vielen Bereitschafts- und Schutzpolizisten, die in zahlreichen Lastwagen zum jeweiligen „Tatort“ gefahren wurden, ließen sich jedoch ansonsten nicht aus der Ruhe bringen. Selbst beleidigende Provokationen nahmen sie taub und mit stoischer Miene hin. Das überaus große Aufgebot – mit Schutzhelmen und -anoraks vor Überraschungsangriffen gesichert – forderte jedoch den Spott einiger Schaulustiger heraus. „So macht man Ordnung lächerlich“, meinte ein Spaziergänger, der hinter einer dichten Polizeikette nur wenig von der APO sehen konnte.

Auf Transparenten, Fahnen und Plakaten demonstrierten die rund 600 Marschierer für Demokratie und Abrüstung. Ihre Protestparolen gegen die USA, gegen die Vorbeugehaft, gegen jeden neuen Faschismus, gegen Thadden, Springer und Strauß waren nicht immer verständlich, denn auch Spanier und Griechen schrien in ihrer Landessprache eifrig mit – unterstützt von den Babys in den Kinderwagen, die zum erstenmal einen Ostermarsch miterleben durften.

Nur wenige Studenten nahmen am Protestdauerlauf teil. Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie für sich demonstrieren ließen, während sie selbst im Auditorium Maximum der Universität – Hauptquartier der Kampagne – Ansprachen hielten. Drei Tage lang hatten sie von hier aus ihre Aktionen vorbereitet, beim eigentlichen Ostermarsch ließen sie sich jedoch vertreten. Beim abschließenden großen „teach-in“ herrschte im Audimax Belagerungszustand. Selbst im Foyer war kaum noch ein Bodensitzplatz zu finden. Noch einmal machten Mitglieder des Regionalausschusses der Kampagne die Zuhörer mit ihren Zielen vertraut. Dabei wurde nicht mit harter Kritik am SDS gespart, der die Studenten nicht mehr gewinnen könne.

Wenig Interesse für eine Diskussion zeigten am Samstag die Bewohner von Gostenhof. Der Versuch der rund 80 Teilnehmer, an der Haustür gehört zu werden, verlief jedoch ohne Zwischenfälle. Dagegen kam es zu Handgreiflichkeiten im Studentenheim Heilig-Geist, wo rund 200 Griechen ihres Nationalfeiertages gedachten. Als Demonstranten, von der Kundgebung in der Veit-Stoß-Anlage zurückgekehrt – die Feier der Botschaft stören wollten, schlugen linksgerichtete und nationaldenkende Griechen sowie deutsche Demonstranten erbittert aufeinander ein. Die Polizei nahm acht Teilnehmer fest; gegen vier wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Widerstand, Nötigung und Sachbeschädigung eingeleitet.

Die Demonstranten zogen daraufhin zum Polizeipräsidium, um lautstark die Freigabe ihrer „Mitstreiter“ zu fordern. Sie sind inzwischen alle wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

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