7. Dezember 1967: Höhere Steuern und Gebühren im Jahr 1968

7.12.2017, 07:31 Uhr
7. Dezember 1967: Höhere Steuern und Gebühren im Jahr 1968

© Gertrud Gerardi

Der Wille zur Sparsamkeit, den alle Rathausparteien für sich beanspruchten, machte sich in einer eindrucksvollen Zahl bemerkbar. Der Haushalt ist nach dreitägigen Feilschen um so kleine Beträge wie selbst noch 500 DM in seiner Gesamtheit von Einnahmen und Ausgaben zusammengeschrumpft. 443 Millionen DM hatte der Kämmerer in seinem Entwurf angesetzt, 441 Millionen DM kamen am Ende heraus. Niemand im Stadtrat kann sich daran erinnern, daß es je gelungen ist, Dr. Zitzmann auf diese Weise zu unterbieten. Trotzdem blieb die SPD-Mehrheit allein, als es am Schluß galt, die Verantwortung für die Finanzpolitik der Stadt zu übernehmen. CSU, FDP, NPD und DFU sagten "nein" zum ordentlichen Haushalt, die NPD auch zum außerordentlichen.

Die Sozialdemokraten als "Regierungspartei" im Rathaus wichen von der ersten bis zur letzten Minute nie einen Schritt breit vom vorgezeichneten Weg zu ihrem Ziele ab, mehr Geld in die städtischen Kassen zu bringen. Sie gingen daher mit dem Oberbürgermeister und dem Kämmerer durch dick und dünn, wenn es galt; "unpopuläre Schritte" zu tun, wie die Gewerbesteuer und die Gebühren in die Höhe zu schrauben.

"Wir verkennen nicht, daß wir einem Teil der Bevölkerung neue Opfer auferlegen mußten", betonte SPD-Fraktionschef Willy Prölß, "Aber es wäre falsch, in der heutigen Entwicklungsphase unserer Stadt auf lebensnotwendige Investitionen zu verzichten, zumal damit der Nürnberger Bevölkerung erhebliche Zuschüsse von Bund und Land verlorengingen!" Er behauptete, daß selbst die unangenehmen Beschlüsse die Wirtschaft der Stadt nicht schwächen müßten, sondern sogar beleben könnten, weil in den nächsten Jahren 280 Millionen Mark für Bauten verschiedenster Art ausgegeben werden.

"Wir sind fest davon überzeugt, mit unseren Entscheidungen dazu beigetragen zu haben, daß sich Nürnberg weiter nach vorne entwickelt", erklärte Prölß. Der SPD wäre es lieber gewesen, ihre Vorstellungen ohne neuerliche Griffe in die Kassen der Wirtschaft und die Geldbeutel der Bürger zu erreichen, aber sie sei durch die Finanzpolitik des Freistaates dazu gezwungen worden.

CSU-Fraktionschef bedauert

Die Sozialdemokraten übernahmen willig die volle Verantwortung für die Haushaltspolitik, denn "dies entspricht unserer Stellung in dieser Stadt". Niemand solle ihnen vorwerfen können, daß sie sich um klare Entscheidungen herumgedrückt hätten, weil ihnen geordnete finanzielle Verhältnisse besonders am Herzen liegen. Prölß versicherte ausdrücklich, seine Fraktion wolle dem Grundsatz der Sparsamkeit jetzt und in Zukunft stets huldigen. Die Christlich-Soziale Union sah die Dinge anders. Sie begründete ihr "Nein" zum Haushalt mit der Feststellung, in den Beratungen hätte sich nicht nachweisen lassen, daß mit weniger Ausgaben und mehr Einnahmen ein Ausgleich sicherzustellen gewesen wäre. "Dieser Versuch mußte scheitern", meinte CSU-Fraktionschef Dr. Oscar Schneider. Er wollte freilich nicht übersehen, daß es gelungen ist, bei verschiedenen Posten höhere Einnahmen zu erzielen, weil die Verwaltung zu niedrig gegriffen hatte. "Dieser Vorgang rechtfertigt ein differenziertes Mißtrauen in all den Fällen, in denen erfahrungsgemäß im Haushaltsplan stille Reserven schlummern", sagte der Oppositionsführer in seinem Schlußwort. Solche stillen Reserven verstießen aber gegen den Grundsatz der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit.

Obwohl die CSU acht von zehn Einzelplänen (ausgenommen lediglich Allgemeine Verwaltung sowie Finanzen und Steuern) zugestimmt hatte, hob sie ihre Hände gegen den ordentlichen Haushalt. Ihr Sprecher Schneider begründete diese Haltung mit einem deutlichen Hinweis darauf, daß seine Fraktion in der Verwaltungsspitze nicht vertreten ist, also keinen Referenten stellt. Sie folgte damit einer alten parlamentarischen Tradition.

Die Freien Demokraten, die drei Tage lang mit vielen Zahlen und Fakten gegen die Gewerbesteuer-Erhöhung gerungen und nicht eine Sekunde lang locker gelassen hatten, konnten sich auf einige wenige letzte Worte begnügen. Sie waren einer erdrückenden Mehrheit unterlegen, die einen großen Verwaltungsapparat hinter sich weiß. Keine der Rathaus-Fraktionen versagte der FDP ein stilles Lob für ihr honoriges Bemühen, mehr Einnahmen zu erzielen, bei mancherlei Ausgaben zu sparen. Als sie die Schlacht verloren gab, da spendete sogar ihr größter Widersacher, Willy Prölß, Anerkennung und Trost: "In einem Verwaltungskollegium gibt es keinen Sieger und Besiegten!" Der SPD-Fraktionschef würdigte nachdrücklich das Streben der Freien Demokraten, die letztlich daran gescheitert seien, daß die Stadt zwei Millionen Mark Kraftfahrzeugsteuer weniger und gar keine Schlüsselzuweisung (geplant 800 000 DM) vom Staat bekommt, daß sie mit einer zwei bis drei Millionen höheren Bezirksumlage und 3,5 Millionen Mark Personalkosten mehr rechnen muß.

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