7. Februar 1969: Kontrolle für Verbraucher

7.2.2019, 07:07 Uhr
7. Februar 1969: Kontrolle für Verbraucher

© Kammler

Im Auftrag der Chemischen Untersuchungsanstalt und des Veterinäramtes wachen sie argwöhnisch über das Angebot an Lebensmitteln. Wie jede Hausfrau wählen die Beamten Waren aus und bezahlen sie. Die sorgfältig ausgesuchten Lebensmittel wandern jedoch nicht in den Küchentopf, sondern in die Reagenzgläser der Laboratorien.

Alle Eßwaren tierischer Herkunft fallen in das Ressort des städtischen Veterinäramtes an der Schwabacher Straße 18, Abteilung Lebensmittelüberwachung. Würste oder Schnitzel, Hühnerklein oder Hackbraten werden dort histologisch und bakteriologisch untersucht. Ebenso gründlich widmen sich die Veterinäre den Zwischenprodukten in der Fabrikation. Für alle anderen Lebensmittel wie zum Beispiel Milch, Kindernahrung, Mehl, Backwaren, Getränke mit und ohne Alkohol ist die Chemische Untersuchungsanstalt an der Fleischbrücke zuständig. Im gesamten Stadtgebiet – nach Bezirken eingeteilt – sind ständig die Beamten unterwegs, um mit Argusaugen darüber zu wachen, daß das Lebensmittelgesetz auch eingehalten wird.

7. Februar 1969: Kontrolle für Verbraucher

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Diese Kontrolle kommt dem Verbraucher zugute; denn Ziel und Sinn des ganzen Aufwandes ist es, den Konsumenten vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren. Ganz ausgeschaltet werden die Gefahren allerdings nicht, denn die Beamten können nicht ununterbrochen hinter der Ladentheke stehen. Die Kunden haben jedoch die Möglichkeit, verdorbene Lebensmittel zur Untersuchung einzureichen. Die Beamten werden sofort der Beanstandung nachgehen und die Fehlerquelle ermitteln.

1968 gab es 8.489 Prüfungen

Nach einem bestimmten, vorgeschriebenen Plan unternehmen die städtischen Kunden ihren Einkaufsbummel. Das Gesetz schreibt vor, daß fünf Lebensmittelproben pro 1.000 Einwohner im Jahr untersucht werden müssen. Im letzten Jahr prüfte die Chemische Untersuchungsanstalt 8489, darunter auch tierische Produkte, die zur wissenschaftlichen Untersuchung vom Veterinäramt dorthin weitergeleitet wurden. 425 Lebensmittel fanden keine Gnade vor den scharfen Augen der Chemiker. Für den Händler oder Fabrikanten hatte das bittere Folgen: das negative Ergebnis wurde als Anklage vor Gericht ausgehandelt. Viele Fälle werden nur als gröbere Verstöße registriert. Diese Angelegenheit regelt mit einem Bußgeld das Ordnungsamt. Lediglich eine Belehrung ist bei Nachlässigkeit angebracht. Der Schuldige muß sich allerdings für die Zukunft dann besonders in acht nehmen. Denn wo es einmal etwas zu kritisieren gab, prüfen die Beamten immer wieder und besonders genau.

Welche Lebensmittel die Kontrolleure auch verlangen, sie müssen sie genauso bezahlen wie jeder andere Kunde. Auch die Gegenprobe für den Geschäftsinhaber geht auf Konto der Stadt. Innerhalb von 14 Tagen kann sie der Kaufmann einem Lebensmittelchemiker zur Untersuchung weiterreichen. So hat er jederzeit die Möglichkeit, das Ergebnis aus dem Laboratorium anzuzweifeln – oder er muß klein beigeben.

Gutachter kennen sich aus

In erster Linie widmen sich die Gutachter der einwandfreien Herstellung oder Behandlung eines Lebens- oder Genußmittels. In Supermärkten und Gaststätten kennen sie sich ebenso gut aus, wie in Großküchen, Imbißstuben, Bars oder kleinen „Pinten“. Und wenn die Pilzsaison beginnt, sind sie ständige Gäste auf den Märkten. Die Knollenblätterpilze reichen sie nicht erst zur Untersuchung weiter, sie werden sofort „eingezogen“.

Auf Kartoffelsalat haben sich die Beamten im Laufe der Jahre spezialisiert. Diese Beilage sollte nämlich den Tag nicht überleben – manchmal jedoch wird sie „uralt“. Auch Milchprodukte und leicht verderbliche Waren sind besonders gefragt. Damit sie sich auf dem Weg zum Chemiker nicht verschlechtern, werden sie in Kühltaschen transportiert.

Mangelnde Sauberkeit, Fliegen, die an unverpackten Lebensmitteln schmarotzen, Gasträume, die als Schlafzimmer zweckentfremdet werden sowie falsch ausgezeichnete Waren sind häufige Delikte. Seit 1. Januar müssen nach einer neuen Lebensmittelverordnung auch Haltbarkeit, Abfüll- oder Verkaufstag auf der Verpackung der Präserven (kurzlebige Konserven) angegeben sein. Die Praxis hat die Kontrolleure zur Skepsis erzogen. So leicht lassen sie sich nicht erschüttern. Ein übelriechendes Mineralwasser jedoch schaffte es; dem Beamten verschlug es die Sprache, als er die Ursache entdeckte; in der Flasche schwamm eine tote Maus. Eine chemische Untersuchung war in diesem Fall nicht mehr nötig.

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