9. Juli 1968: Sturmschaden – Fall für die Gerichte?

9.7.2018, 07:00 Uhr
9. Juli 1968: Sturmschaden – Fall für die Gerichte?

© Kammler

Die Bundesbahn hat eine Kommission eingesetzt, die der Ursache des aufsehenerregenden Zwischenfalls in der Sandstraße auf die Spur kommen will, wo der Orkan das Blechdach vom Direktionsgebäude gewirbelt und auf das gegenüberliegende "Haus des Handels geschleudert" hat. Wer später zur Kasse gebeten wird, steht im Augenblick noch nicht fest.

Sollte sich herausstellen, daß der Bahn kein schuldhaftes Versagen nachzuweisen ist, können die Geschädigten sogar leer ausgehen. "Wir sind Selbstversicherer", erklärt der Haftpflicht-Dezernent, Bundesbahnrat Günter Mötsch. "Im Prinzip müssen wir die Forderungen Dritter erfüllen." Die Zahlungsbereitschaft der Bahn findet jedoch ihre Grenzen. "Wenn nachgewiesen ist, daß wir für einen Schaden verantwortlich sind, gibt es keine Zweifel", betont der Sachbearbeiter.

Das ist jedoch der strittige Punkt. Die Verantwortlichen der Direktion glauben nicht daran, daß der Sturmunfall auf das Konto der Bundesbahn geht. Ihre Meinung: "Das war höhere Gewalt." Und in solchen Situationen braucht die Bahn auch nicht den Schaden zu berappen, der Dritten durch das weggefegte Blechdach zugefügt worden ist. Die Leidtragenden: der Einzelhandelsverband und fünf Autobesitzer, deren Fahrzeuge von dem Blechdach begraben und erheblich demoliert wurden.

Der Wagen war plattgedrückt

Nicht alle:Geschädigten sind so gut abgesichert wie der 29-jährige Werner D. aus Neuendettelsau, der am Samstag mittag seinen Wagen in der Sandstraße abgestellt hatte und mit einem Freund nach Bayreuth gefahren war. "Als ich nachts zurückkam, hätte ich weinen können", erzählt der Autofahrer. Sein Wagen, der gestern abgeschleppt wurde, war von der Metallfläche voll getroffen und plattgedrückt worden. "Da ist nichts mehr zu machen. Er hat nur noch Schrottwert", bedauert Werner D. Trotz des Malheurs ist er zuversichtlich, denn er hat für sein Fahrzeug eine Teilkasko-Versicherung abgeschlossen, die den Schaden deckt.

Ein großer Versicherungs-Konzern bestätigt: Häuser und Autos können gegen Sturmschäden gefeit sein. Bei Fahrzeugen genügt eine Teilversicherung, die für einen Volkswagen etwa 28 Mark kostet und gleichzeitig Brand und Diebstahl einschließt. Kein Schutz besteht, wenn ein Fahrer durch eine Bö von der Straße abgedrängt wird und in den Graben fährt Die Sturmversicherung für ein Reihenhaus kostet jährlich etwa 15 und für ein freistehendes Gebäude etwa 25 Mark. Was Wind, Hagel und Blitz anrichten, wird von der Gesellschaft ersetzt.

Das Tauziehen um die Schadens-Regulierung hat bei der Bundesbahn noch nicht angefangen. "Wir müssen erst die Angelegenheit prüfen", erklärte gestern der Hochbau-Dezernent, Direktor und Diplom-Ingenieur Hans Kern. Diplomatisch weist er ein schuldhaftes Versagen seiner Dienststelle zurück, indem er feststellt: "Wir haben das Dach regelmäßig untersucht."

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