Abmahnung für mytaxi: Nürnberger Taxi-Markt hart umkämpft

15.6.2018, 11:16 Uhr
Abmahnung für mytaxi: Nürnberger Taxi-Markt hart umkämpft

© Foto: Michael Matejka

Unternehmensberater Markus Hoffmann fährt viel Taxi. Der Termindruck des 37-Jährigen ist groß, seine Kunden warten nicht gern. Hoffmann auch nicht, "doch bei der Taxi-Zentrale Nürnberg hänge ich oft ein bis zwei Minuten oder länger in der Warteschleife, bis mein Anruf angenommen wird"- Kollegen berichteten Ähnliches.

Einmal stand Hoffmann vor dem Cinecittà-Kino und wartetet wieder. Fünf Minuten - kein Taxi in Sicht. Er fragte zweimal bei der Zentrale nach, weil er befürchtete, dass seine Bestellung vergessen worden sei. "Ich wurde zweimal weggedrückt." Der Manager ging zum Hauptbahnhof, um sich selber ein Taxi zu suchen. "Da warteten rund 30 Fahrer und hatten nichts zu tun."

Taxi-Zentrale hat "Monopol"

Jetzt könnte man sagen: Gemeckert wird in der Dienstleistungsbranche viel. Und dass die Taxi-Zentrale Nürnberg auf Google viele schlechte Bewertungen kassiert hat, ist auch nur ein begrenztes Kriterium, um deren Service zu beurteilen. Doch die Taxi-Zentrale hat so etwas wie ein Monopol. "Bis auf ein oder zwei sind alle Unternehmer bei uns Mitglied und bekommen ihre Aufträge über unsere Zentrale", sagt Wolfgang Ziegler vom Vorstand der Taxi-Genossenschaft.

Derzeit gibt es 306 Unternehmer und über 500 Wagen. Kunde Hoffmann kann dem Monopol nichts abgewinnen. Aus anderen Städten kennt er es so, dass der Service besser wird, wenn mehrere Anbieter auf dem Markt sind. Konkurrenz belebe das Geschäft - auch die durch mytaxi, nach eigenen Angaben Europas erfolgreichste Taxi-App. Hoffmann nutzt die digitale Technik gerne. Schnell mit dem Smartphone einen Wagen ordern, immer im Blick haben, wo sich das bestellte Fahrzeug gerade befindet und bargeldlos zahlen - für ihn ist das ideal.

Kaum Fahrer für mytaxi unterwegs

Nur: In Nürnberg tut sich hart, wer die App nutzen will. Bislang sind hier nämlich kaum Fahrer für mytaxi unterwegs. Weil die Zentrale gut funktioniert und die Fahrer überzeugt sind, dass sie keine Konkurrenz brauchen, meint die Genossenschaft. Weil Druck ausgeübt wird, berichten Fahrer. Namentlich zitieren lassen wollen sie sich nicht. Doch mehrere Taxi-Chauffeure berichten unabhängig voneinander, dass die Genossenschaft Unternehmer bedränge, die sich mytaxi angeschlossen haben. Nach dem Motto: Wer die App nutzt, bekommt über die Zentrale keine Fahrten mehr.

Wolfgang Ziegler bestreitet dies vehement. "Wir üben keinen Druck auf Fahrer aus, es gibt keine Sanktionen und keine Benachteiligung, wenn jemand mytaxi nutzt."Tatsächlich darf die Genossenschaft keinem Mitglied untersagen, auch für mytaxi zu fahren. Dies ist das Ergebnis eines Rechtsstreits, den die Taxi-Zentrale 2016 verlor. Neun Zehntel der Genossenschaftsmitglieder hatten damals laut Ziegler beschlossen, die Satzung dahingehend zu ändern, dass es Fahrern untersagt wird, ihren Standort via GPS an Mitbewerber zu melden, wenn sie gerade eine Tour für die Zentrale fahren.

Kontroll-Anrufe bei Fahrern

Doch es macht keinen Sinn für einen Fahrer, auch über die Taxi-App Geld verdienen zu wollen, wenn er sich immer wieder aus dem System ausloggen muss. Hätte das Oberlandesgericht Nürnberg der Taxi-Zentrale recht gegeben, wäre das einem Nutzungsverbot für mytaxi gleichgekommen. Doch die Richter urteilten, dass Unternehmer selber entscheiden, wem sie ihre Positionsdaten geben. Wenn Ziegler von Kollegen erfährt, dass ein Unternehmer die App nutzt, ruft er den an.

"Ich frage ihn, warum er das macht, ob er mit der Taxi-Zentrale unzufrieden ist und was wir besser machen können." Ziegler hält das für angemessen, er werde ja wohl noch für die Genossenschaft und deren Anliegen werben dürfen. Vier solcher Telefonate habe er in diesem Jahr bislang geführt, sagt Ziegler. "Ich kann niemanden zwingen, das mit mytaxi zu lassen, ich kann nur in einem halben Jahr wieder anrufen und noch mal das Gespräch suchen."Nürnberg ist für mytaxi, das 2009 gegründet wurde und seit 2014 zur Daimler-Gruppe gehört, ein hartes Pflaster. Widerstand von Genossenschaften gibt es in einigen Städten, doch in Nürnberg sei er besonders massiv.

Viele Fahrer zogen sich zurück

"Nürnberg ist für uns ein wichtiger Markt, den wir uns bereits 2011 gut erschlossen hatten", sagt Alexander Mönch auf Nachfrage der Nürnberger Nachrichten. Der gebürtige Nürnberger ist Generalmanager von mytaxi für Deutschland und Österreich. Kurz darauf haben sich viele Fahrer kurz aber wieder zurückgezogen." Jetzt erobere sich mytaxi Nürnberg langsam zurück. "Bis heute haben wir im Jahr 2018 dreimal so viele Touren gefahren wie im ganzen Jahr 2017, wir haben unsere Fahrerzahlen verdreifacht", so Mönch. Wie viele es sind, sagt er nicht. Ziegler geht von weniger als zehn Fahrern aus. Es seien weit mehr, kontert der App-Betreiber.

Die Genossenschaft sei die "Selbsthilfeorganisation" der Taxerer, betont Ziegler. "Wir handeln die Rahmenverträge mit der Stadt aus, übernehmen Krankenfahrten und kümmern uns um vernünftige Taxi-Plätze - all das macht mytaxi nicht." Natürlich gehe es auch der Genossenschaft darum, Gewinne zu erwirtschaften, "aber nur, um unsere Mitglieder fördern zu können". So finanzkräftig wie mytaxi sei man nicht mal annähernd. Fahrer, die die App nutzen, müssen für jede Tour eine Provision von sieben Prozent des Fahrpreises an den Betreiber zahlen.

Die Genossenschaft ist nicht bereit, gegenüber dem Konkurrenten klein beizugeben. "Wir haben mytaxi abgemahnt, weil über die App Taxifahrer aus Erlangen Touren in Nürnberg vermittelt bekommen haben", sagt Ziegler. Es ist grundsätzlich verboten, in fremden Revieren zu wildern. Die Stellungnahme von mytaxi: "Jeder Fahrer sollte seine Regeln kennen. Wenn uns so ein Fall zugetragen wird, bitten wir den Betreffenden zum Gespräch und ermahnen ihn." Parallel arbeite man an einer technischen Lösung für das Problem.

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