Bamf winkt weiter Tausende Asylbewerber durch

18.4.2016, 17:51 Uhr
Noch immer findet beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht immer eine Einzelfallprüfung statt.

© dpa Noch immer findet beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht immer eine Einzelfallprüfung statt.

Davon profitieren Syrer, Iraker und Eritreer, die bereits 2015 eingereist sind und ihre Anträge noch vor dem 17. März, als das Asylpaket II in Kraft getreten ist gestellt haben. Über sie "wird auf Basis der schriftlichen Anhörung entschieden", räumt ein Ministeriumssprecher auf Nachfrage der Nürnberger Nachrichten ein.

Eine persönliche Anhörung werde nur dann durchgeführt, "wenn Zweifel an den Angaben im Fragebogen bestehen". Bisher hatten Innenministerium und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge immer beteuert, auch aufgrund von Sicherheitsbedenken werde seit dem 17. März über alle Asylanträge nur noch nach einer Einzelfallprüfung entschieden. Korrekt ist dies aber nicht.

Denn die Einzelfallprüfung gilt nur für Antragssteller, die vor dem 1. Januar 2016 eingereist sind und bisher keinen Asylantrag gestellt haben, bzw. für alle Asylbewerber, die nach dem 1. Januar 2016 eingereist sind. Wer vor dem 1. Januar 2016 nach Deutschland gekommen ist und vor dem 17. März schon einen Antrag gestellt hat, wird davon ausgenommen und noch per schriftlichen Verfahren entschieden.

Steigender Druck

Dabei handelt es sich nicht nur um einige wenige Fälle: Ende März lagen nach Angaben des Bundesinnenministeriums noch 48.081 Asylanträge von Syrern vor, über die auf Basis der schriftlichen Anhörung noch entschieden werden soll. Hinzu kommen 665 Begehren von Irakern und 104 von Eritreern. Insgesamt werden damit über bis zu 230.000 Asylanträge im schriftlichen Verfahren entschieden.

Denn im vergangenen Jahr sowie im ersten Quartal dieses Jahres wurden bereits 185.284 Anträge nach dem Ausfüllen eines Fragebogens beschieden: 161 076 davon stammen von Syrern, 91.394 wurden 2015 bearbeitet, 69.682 in diesem Jahr. Dabei zeichnet sich ein Trend zu den schriftlichen Verfahren ab: Heuer lag ihr Anteil an allen Entscheidungen für Syrer bei 92 Prozent, 2015 nur bei 86,5 Prozent.

Auch bei Antragstellern aus dem Irak und Eritreer wurde 2016 vermehrt im schriftlichen Verfahren entschieden: Bei Eritreern waren es heuer 76 Prozent (4 472 Fälle), 2015 noch 49,2 Prozent (4 969 Fälle). Für den Irak ergibt sich ein ähnliches Bild (2015: schriftliche Entscheidung bei 57,1 Prozent oder 9584 Fälle, 2016: 69 Prozent oder 5283 Fälle).

Insider führen diese Zunahme an schriftlichen Entscheidungen auf den steigenden Druck zurück, der auf den Entscheidern laste. Immerhin müssen diese nach internen Vorgaben inzwischen 20 Fälle pro Woche bearbeiten – das gehe nur, wenn schnell und dann mitunter oberflächlich geprüft werde. Daher komme es immer wieder dazu, dass jemand als Syrer durchgeht, der eigentlich aus Tunesien oder Marokko stammt, sagt ein langjähriger Entscheider.

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