Bei den Altstadtfreunden brodelt’s

5.2.2014, 00:00 Uhr
Bei den Altstadtfreunden brodelt’s

© dpa

Bislang hatte es den Anschein, dass die Altstadtfreunde relativ geschlossen hinter dem Wunsch ihres Vorstands stehen, den Rathaussaal ausmalen zu lassen — so wie er auf Dias von 1943 dokumentiert ist. Albrecht Dürer hatte 1521 den Entwurf geliefert, aber im Saal nicht selbst zum Pinsel gegriffen. Seine Bildidee wurde über Jahrhunderte hinweg ausgebessert und übermalt. Die Nationalsozialisten hatten während des Weltkriegs Kunstschätze in Deutschland systematisch abfotografieren lassen — für den Fall der Zerstörung (wie berichtet).

Der Saal soll nach dem Wunsch des Altstadtfreunde-Vorstands wieder farbig werden — auf der Grundlage der Dias. Doch im 5700 Mitglieder starken Verein regt sich nun deutliche Kritik am Vorstand. Dieser will nämlich die Umgestaltung des Rathaussaals zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens machen — falls es nicht zu einer Übereinkunft mit der Stadt kommt, wie die Frage eines angekündigten Ratsbegehrens formuliert wird (siehe Kasten unten). „Vorsitzender Enderle missbraucht seine Macht. Es hat keine Diskussion über die wichtige Frage gegeben. Das ist ein Diktat“, ärgert sich Peter Büttner, Vorsitzender des Bürgervereins Nürnberger Westen und seit einem Vierteljahrhundert Altstadtfreund. Eine breite Meinungsfindung innerhalb des Vereins wäre sehr wichtig gewesen.

Dies fordert auch ein — nach eigenen Worten — „ausmalungskritisches“ Mitglied: In einer derart bedeutenden Frage, ob ein Bürgerentscheid angestrebt werden soll, sei eine Mitgliederbefragung nötig. Man müsse nun „Flagge zeigen und das Meinungsmonopol des Vorstands erschüttern“.

„Eine Frechheit“

Auch Eva Broeg, die mit ihrem Mann dem Verein seit über zwei Jahrzehnten angehört, ist verstimmt: „Es ist eine Frechheit, am 16.März, dem Tag der Kommunalwahl, sozusagen im Huckepack-Verfahren Stimmen für einen Bürgerentscheid zu sammeln.“ Sie ist mit der Ausgestaltung des Saals vollkommen einverstanden: „Das ist absolut angemessen, die Zeiten sind etwas nüchterner geworden.“

Eine junge Frau, die als Ehrenamtliche bei den Altstadtspaziergängen führt, bezweifelt, dass 300 Freiwillige zusammenkommen, um vor den Wahllokalen um Stimmen für das Bürgerbegehren zu werben. „Außerdem stehen viele Vereinsmitglieder nicht hinter der Idee des Vorstands“, fügt sie an. Ein weiteres Mitglied, Ines Pelzl, fühlt sich zu wenig informiert, um am Wahltag auf mögliche Fragen von Interessierten antworten zu können: „Eine Broschüre mit den unterschiedlichen Möglichkeiten, wie der Rathaussaal aussehen könnte, wäre nötig.“ Doch die gibt es nicht.

Mehrfach äußern Kritiker gegenüber der Lokalredaktion ihr Befremden, „dass Vorstand Enderle ein Prestige-Projekt sucht, um in die Stadtgeschichte einzugehen“. Dies sei „sein ganz persönlicher Ehrgeiz“.

Enderle weist dies zurück: „Das hat mit mir gar nichts zu tun. Jetzt besteht die Möglichkeit, dass sich im Rathaussaal etwas bewegt. Ohne uns wäre nichts mehr passiert.“ Auch den Vorwurf des Machtmissbrauchs will er nicht stehenlassen: Der siebenköpfige, erweiterte Vorstand habe sich einstimmig für das Vorgehen ausgesprochen. „Wir sind gewählt und haben ein Mandat.“ Auch sei das Thema bei den monatlichen Vortragsabenden mehrfach angesprochen worden.

Fünf bis zehn Personen hätten ihren Austritt erklärt, doch es seien ebenso neue Mitglieder beigetreten. „Es ist eben ein kontroverses Thema“, räumt Enderle ein, „aber wir haben doch erreicht, was wir wollten: Die Bürger können entscheiden.“

Keine Kommentare