Biller und die Russlanddeutschen: Eklat bei Infoveranstaltung

19.2.2016, 16:16 Uhr
Rainer Biller im März 2013 bei einer Demo in Nürnberg (Archivbild).

© Michael Matejka Rainer Biller im März 2013 bei einer Demo in Nürnberg (Archivbild).

Schon als Sozialreferent Reiner Prölß (SPD) in seinem einleitenden Vortrag darauf hinwies, dass die Kriminalitätsrate mit der Ankunft der Flüchtlinge nicht gestiegen sei, brüllte Biller dazwischen, dass das nicht stimme. Der Ex-NPD-Mann störte minutenlang weiter und wollte nicht akzeptieren, dass ihm nicht das Wort erteilt wurde.

Die rund 100 Besucher konnten bei der Veranstaltung Fragen an Vertreter von Stadt und Polizei auf dem Podium stellen. Einige von ihnen äußerten Ängste. Elena Roon von der Bürgerinitiative "Sichere Heimat" fragte, wie lange noch Flüchtlinge in Turnhallen untergebracht sein werden und merkte an, dass in einem ZDF-Bericht ein Polizist gesagt habe, in seinem Einsatzgebiet seien 90 Prozent der Flüchtlinge männlich.

Antwort Prölß: In Nürnberg wird derzeit keine einzige Turnhalle zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt, und in Nürnberg seien nur zwei Drittel der Flüchtlinge männlich. Eine Zuhörerin fragte in russischer Sprache, wie sie sich in Gefahrensituationen wehren könne: Mit Pfefferspray? Oder solle sie einen Selbstverteidigungskurs besuchen?

Antwort Lothar Galler (Leiter der Polizeiinspektion Nürnberg-Süd): Pfefferspray oder andere gefährliche Werkzeuge darf man nur in konkreten Notwehrsituationen benutzen. U-Bahn-Stationen seien videoüberwacht, in Bussen solle man sich notfalls an den Busfahrer wenden. Außerdem glaube er, dass die Ängste der Frau nicht auf Tatsachen beruhen.

Tumulte um Biller

Als Rainer Biller das Wort erteilt wurde, fragte er Galler nach angeblichen regelmäßigen SEK-Einsätzen der Polizei in Flüchtlingsheimen und nach einem angeblichen Sexualdelikt durch Flüchtlinge in Langwasser. Galler antwortete, dass ihm derartige Fälle nicht bekannt seien. Es wurde auch nicht deutlich, woher Biller diese Informationen hat.

Tumultartig wurde es auch, als sich Diana Liberova (SPD-Stadträtin, Mitglied des Integrationsrats und selbst aus St. Petersburg eingewandert), ebenfalls auf Russisch, an die Anwesenden der BI "Sichere Heimat" wandte. "Ich glaube, dass es eine falsche Entscheidung ist, dass Sie sich mit den Rechtsradikalen zusammentun", sagte Liberova.

Dabei zeigte sie auf Biller und die Seinen, die eine Reihe vor den Mitgliedern von "Sichere Heimat" saßen. Einer von ihnen keilte dann zurück: "Stellen Sie uns doch nicht in die rechte Ecke!" Eine andere Vertreterin der "Sicheren Heimat" äußerte: "Wir können doch nichts dafür, wenn sich die Rechtsradikalen in unsere Nähe setzen. Wir wissen gar nicht, wer die Rechtsextremen sind."

Wortgefecht mit Prölß

Daraufhin entsponn sich ein minutenlanges Wortgefecht zwischen Biller und Prölß. Als die Vertreter des ultrarechten Spektrums Flugblätter verteilten wollen, verwiesen die Veranstalter sie des Saals, einige Mitglieder von "Sichere Heimat" folgten ihnen.

Es gab aber auch andere Wortmeldungen: Eine Spätaussiedlerin erinnerte daran, dass sie und ihre Familie nach ihrer Ankunft in Deutschland (sie hatten damals in einer sächsischen Kleinstadt gelebt) mit genau denselben Vorurteilen konfrontiert waren, die sich heute gegen Flüchtlinge richten. Ihr Appell: "Geben Sie den Menschen Zeit, sich zu integrieren!" Eine ältere Frau erinnerte in russischer Sprache daran, dass es sich bei den Flüchtlingen um Menschen in Not handele, denen man doch helfen müsse.

Die Mitglieder der BI "Sichere Heimat" hatten vor der Veranstaltung einen Flyer verteilt und an ihre nächste Demo am Sonntag, 6. März, am Jakobsplatz erinnert. Dann wollen sie wieder an der frischen Luft ihren Unmut äußern - ganz ohne Gegenargumente.

32 Kommentare