Der Traum, die Schönste Deutschlands zu sein

8.2.2014, 11:00 Uhr
Der Traum, die Schönste Deutschlands zu sein

© dpa/Archiv

Ein Buch hatte Julia Wolf, amtierende Miss Bayern, zwar eingesteckt, hineinschauen konnte sie bisher noch kein einziges Mal. Im Missen-Camp war die Termindichte hoch. Fotoshootings, Karaoke-Wettbewerbe, Pressetermine und natürlich Lauftrainings standen für die 24 Bewerberinnen aus allen Bundesländern täglich an. „Nach so einem Tag brauchte ich nicht noch mehr Input“, erzählt die 21-Jährige. Zwei Wochen lang dauerte das „Camp“, das im Europapark Rust und im Tropical Island stattfand. Es sollte die Mädchen, die zwischen 17 und 27 Jahre alt sind, fit machen für die Wahl. Um acht Uhr morgens ging der vollgepackte Tag mit einem Frühstück los. „Lang abends zusammensitzen war nicht drin“, sagt Julia, die International Business an der WiSo studiert. Mit Miss Mitteldeutschland teilte sie sich ein Zimmer.

Kein Zickenkrieg

„Man begutachtet sich schon“, gibt die Studentin zu, einen Zickenkrieg à la „Germany’s next Topmodel“ habe es aber nicht gegeben. „Jede Einzelne hat etwas Besonderes“, findet die Nürnbergerin. Unter die ersten acht zu kommen, ist ihr Ziel. Und so schlecht sieht es damit gar nicht aus. Bei einer Talent-Vorwahl vor ein paar Tagen hat sie mit ihrer Flamenco-

Einlage gewonnen. „Ich glaube, die Mädchen hatten richtig Angst vor mir, so hab ich mich ins Zeug gelegt“, erzählt sie und lacht.

Zur Miss-Wahl ist sie über das Modeln gekommen, das sie neben dem Studium betreibt. Spontan hatte sie sich letztes Jahr für die Miss-Würzburg-Wahl beworben, wenige Wochen später hatte sie die Schärpe um. Im Juli wurde die 21-Jährige dann zur Miss Bayern gewählt. Und diese Schärpe führte direkt ins Missen-Camp.

Dort stehen heute noch die letzten Proben an. Schließlich soll bei der großen Wahl am Abend nichts schiefgehen. In der Jury sitzen Prominente wie Caroline Beil, Reiner Calmund und Arthur Abraham. Vor ihnen müssen sich die Mädchen in Bademode und im Abendkleid präsentieren. Und ein kurzes Interview geben. „Im Gegensatz zu einem Model-Wettbewerb soll es bei einer Miss-Wahl ja auch um die Persönlichkeit gehen“, sagt Julia. Ihre wird sie mit einem roten, hochgeschlitzten Kleid präsentieren. Aufgeregt ist die Nürnbergerin schon, pragmatisch aber auch: „Wenn es sein soll, soll’s sein, wenn nicht, dann nicht.“ Wobei neben der Krone auch das Fotoshooting in New York und ein Auto als Hauptpreis verlockend sind.

Der Traum, die Schönste Deutschlands zu sein

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Dagmar Wöhrl, heutige Bundestagsabgeordnete der CSU, kann sich noch gut an den Moment erinnern, als ihr bei der Wahl 1977 in Baden-Baden die Krone aufs blonde Haupt gesetzt wurde. 23 Jahre alt war sie damals — und „natürlich aufgeregt“. Eine große Vorbereitungsphase wie heute gab es nicht, die „Choreo“ musste aber auch schon damals sitzen. „Die Mama“, die mit im Publikum saß, sei stolz gewesen, erinnert sich die 59-Jährige. „Man freut sich einfach.“

Von der Miss zur Veranstalterin

Zur Miss-World-Wahl reiste sie danach nach London, für die Miss-International-Wahl nach Tokio. Beide Male wurde Wöhrl Zweite. Zum ersten Mal war sie als junge Frau bei den weiten Reisen ganz auf sich alleine gestellt. Damals habe sie gelernt, ihre Kontaktscheu zu überwinden. „Ich bin sehr wohlbehütet aufgewachsen. Und dort musste ich plötzlich mit fremden Menschen kommunizieren.“

Und nicht nur das: In Tokio wurde ihr angeboten, eine deutsche Sendung zu moderieren. Ein Jahr lang blieb sie in Japan. Wieder zurück, erwarb sie die Rechte, die Miss-Germany-Wahl selbst auszurichten. Planung, Organisation, mit Sponsoren verhandeln — „das war richtig viel Arbeit“, erzählt Wöhrl. An ihrem Jurastudium in Erlangen hielt sie trotzdem weiter fest. Missen-Titel und Modeln waren immer nur ein Hobby, „ein schöner Zuverdienst“ für sie. Heute verfolgt Wöhrl Miss-Wahlen oder Model-Castingsendungen nicht mehr. „Aber ich freue mich immer, wenn ich die strahlenden Mädchen sehe“, fügt sie an.

Vielleicht geht heute Nacht um halb zwölf, wenn die Wahl vorbei ist, ein Bild der strahlenden Julia um die Welt. Die hat sich ganz weise eines vorgenommen: „Alles genießen und nur nicht verkrampfen. Am Ende ist schließlich die Zeit das, was uns bleibt.“


 

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