Design und Komfort: Das sind Nürnbergs neue Straßenbahnen

8.2.2018, 07:56 Uhr
Design und Komfort: Das sind Nürnbergs neue Straßenbahnen

© Fotos: Horst Linke

Die Nürnberger VAG erneuert ihre Straßenbahnflotte: Der Prototyp für das aufwändige Programm, ein dreiteiliger Triebwagen, geht von diesem Donnerstag an wieder im Regelbetrieb auf die Strecke. Er ist der erste von insgesamt 40 Zügen, für die umfassenden Redesign vorgesehen ist – damit sie weitere 20 Betriebsjahre fit bleiben. "Ganz neu gebaute Fahrzeuge hätten wir uns bei Stückpreisen von mindestens 2,5 Millionen Euro nicht leisten können", stellt Tim Dahlmann-Resing, Vorstand für Technik und Marketing der Verkehrsbetriebe, nüchtern fest. Doch die drei- und viergliedrigen Triebzüge GT6N und GT8N stammen aus den 90er Jahren.

Und das bedeutet: Nach jeweils mehr als einer Million Kilometern stößt vor allem die Fahrzeugtechnik an ihre Grenzen. „Also haben wir uns zu einer Generalüberholung entschlossen“, so Dahlmann-Resing weiter. Die kommt mit 600.000 Euro pro Fahrzeug wesentlich günstiger, schlägt insgesamt aber immer noch mit knapp 24 Millionen Euro zu Buche, allerdings verteilt über fünf Jahre.

Eigene Werkstatt gefordert

Dabei werden die Straßenbahnzüge jeweils komplett auseinander genommen: Um Drehgestelle, Motoren und Bremsen kümmern sich die Mitarbeiter in den VAG-Werkstätten am Hasenbuck. Die Runderneuerung des Wagenkastens und der elektrischen Ausrüstung erfolgt in Leipzig. Pro Fahrzeug sind dort etwa zehn Wochen veranschlagt, dazu vier in den Nürnberger Werkstätten.

Beim jetzt fertig gestellten Fahrzeug mit der Betriebsnummer 1011 hat alles freilich viel länger gedauert. Es war bereits im Herbst 2016 per Tieflader zur Leipziger Firma IFTEC gebracht worden. Doch diente er zunächst als Prototyp, um das Konzept zu erstellen, alle Abläufe auszuprobieren – und vor allem die Neugestaltung des Innenraums zu erarbeiten. "Der wirkt jetzt viel luftiger und heller", freut sich der Projektleiter Wolfgang Langer.

Erreicht wurde das unter anderem durch zwei – statt einem – Leuchtbänder in der Decke, gekrümmte Haltestangen und die etwas gelockerte Anordnung der in einem warmen Rotton gehaltenen 56 Sitzplätze. "Die Neugestaltung trägt auch zu einem höheren Sicherheitsgefühl bei", ist sich Geschäftsbereichsleiter Thomas Luber sicher. Auch für Rollstuhlfahrer steht ein Platz, gleich neben der Fahrerkabine, zur Verfügung. Und das sind nur die offenkundigsten Merkmale; denn mit einem Designer haben sich die VAG-Verantwortlichen über viele Details den Kopf zerbrochen. Trotzdem überzeugt noch nicht alles: Die Netzpläne sind an die Decke geklebt und dort kaum zu entziffern, schon gar nicht bei einem Ruckeln oder Schaukeln während der Fahrt.

Fahrzeug-Decke bleibt angespannt

Die Firma IFTEC, eine Tochter der dortigen Verkehrsbetriebe und von Siemens, hatte mit dem Düsseldorfer Elektrounternehmen Vossloh Kiepe, das auf Schienenfahrzeuge und Elektrobusse spezialisiert ist, die europaweite Ausschreibung des VAG-Auftrags gewonnen. Punkten konnte das Konsortium nicht nur mit dem Preis, sondern auch mit einschlägigen Erfahrungen: "Wir haben schon 55 ähnliche Straßenbahnzüge aus München aufbereitet", berichten die Geschäftsführer Bernd Bleck und Ulrich Lauel.

Während des Redesign-Prozesses bleibt die Fahrzeug-Decke der VAG weiterhin stark angespannt. Erst recht, wenn obendrein, wie in den vergangenen Wochen, mehrere Züge ausfallen, weil sie von Autos gerammt wurden. Die knapp bemessenen Reserven sind dann rasch erschöpft. "Oldtimer können wir aber nicht reaktivieren", betont Dahlmann-Resing. "Denen fehlen wichtige technische Ausrüstungen, die heute für den Regelbetrieb zum Standard gehören. Und deshalb sind sie dafür auch gar nicht mehr zugelassen." Allerdings bestehe die Hoffnung, demnächst einige Straßenbahnen aus München übernehmen zu übernehmen, die dort entbehrlich werden.

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