Explodierende Baukosten bei Nürnberger Bauvorhaben

25.7.2013, 09:21 Uhr
Explodierende Baukosten bei Nürnberger Bauvorhaben

© Oliver Acker http://www.digitale-luftbilder.de

33 Millionen Euro Abweichung von den ersten Planungen bei beiden geplanten Projekten: Da hört das Verständnis auch der tolerantesten Vertreter im Rat auf. „Das ist ein GAU, der größte anzunehmende Unfall, für die Verwaltung“, empörte sich Achim Mletzko. Und da meinte der Vorsitzende der Grünen-Fraktion nur die Planungen für die neue Feuerwache 1. „Das wurde ja völlig falsch eingeschätzt.“

„Keiner übernimmt die Verantwortung, dabei waren Gutachter, Rechnungsprüfungsamt und Bauverwaltung einbezogen“, schimpfte CSU-Fraktionschef Sebastian Brehm. „Das ist ein Skandal.“ Weil die „Fachleute“ übersehen hätten, dass 3200 Quadratmeter Fläche in den Berechnungen fehlten, was alleine 4,5 Millionen Euro mehr ausmacht; und weil für den Quadratmeter erst Kosten von 1800 Euro angesetzt, später dann aber auf 2800 Euro angehoben wurden.

Dann wolle der Architekt auch noch aufgrund der neuen Honorarordnung und Kostensteigerungen zusätzlich 4,5 Millionen Euro Honorar für Planungskosten. „Der ist unfähig, die Feuerwache1 zu bauen. Wir sollten ihm kündigen und notfalls einen Rechtsstreit in Kauf nehmen“, empfahl ein sichtlich aufgeregter Stadtrat. SPD-Fraktionschef Christian Vogel: „Ein unschönes Ergebnis.“

Der Feuerwehr machte keiner einen Vorwurf. Ihr wurde bescheinigt, alle wesentlichen Daten geliefert zu haben. Das neue Baukosten-Investitions-Controlling (kurz: BIC), geschaffen nach weiteren schlechten Erfahrungen, gab es bei den ersten Planungen noch nicht. Dann aber führten offenbar (auch externe) Dilettanten die Regie. Baureferent Wolfgang Baumann versuchte zu erklären. Er sprach von „Fehleinschätzungen“. Aber wirklich nachvollziehen kann die Entwicklung keiner. Einmal mehr versteckte er sich hinter Formalien. Man hatte das Gefühl, er warf mit Nebelkerzen um sich.

Oberbürgermeister Ulrich Maly und Stadtkämmerer Harald Riedel hatten Mühe, ruhig sitzen zu bleiben. Maly betonte: „Die Verwaltung hat Fehler gemacht. Irgendwer hat nicht gemerkt, dass die Flächen falsch berechnet waren. Aufgabe der Stadträte war das nicht“, betonte der Chef der Verwaltung offen. „Hier muss noch einmal jeder Stein umgedreht werden. Alles kommt auf den Prüfstand! Bis Herbst liegen Alternativen vor.“ Er wollte auch eine Trennung vom Architekten nicht ausschließen.

Zwei Jahre Verzögerung?

In der Einschätzung der Ursachen, so betonte Riedel nach Baumann, sei man sich nicht in allen Punkten einig. Er schließt nicht aus, dass das Projekt erst einmal ganz gestoppt wird, um die Wache dann zusammen mit privaten Partnern zu bauen - wenn es dadurch günstiger wird. Das hieße aber auch zwei Jahre Zeitverzögerung. „Vor den Haushaltsberatungen im Herbst gibt es eine Entscheidungsgrundlage“, versprach er den Räten. Mletzko trocken: „Gut, dass wir hier noch einmal die Reset-Taste drücken können.“

Bei der Hochschule für Musik geht das nicht mehr. Hier sei der Fall anders gelagert, so OB Maly, ein Zurück gebe es nicht mehr. Der Umbau im Haus 1 des Sebastianspitals soll nach letztem Stand fast 40 Millionen Euro kosten. Ausgangspunkt: 28,9 Millionen Euro. Hier sind die Planungen bereits so weit fortgeschritten, dass kaum mehr korrigierend eingegriffen werden könne. Außerdem habe es schon so viele Verzögerungen gegeben, gab Kulturreferentin Julia Lehner zu bedenken. „Ich appelliere daher leidenschaftlich an Sie, heute den Umbau zu beschließen“, warb sie.

Doch gleich eingangs sprach Maly von einem „verkorksten Projekt, das verkorkst zu Ende gebracht wird“. Erst habe der Freistaat Nürnberg bei der Hochschule in eine Zwangsehe mit Augsburg geschickt. Dann folgte die Alleinlösung. „Nürnberg zahlt dafür einen hohen Preis“. Der Ärger galt hier aber weniger den Planern als dem Freistaat.

„Eine Universität ist Ländersache“, erklärte der Präsident des Deutschen Städtetags. Doch die Stadt müsse hier in Vorleistung gehen. Das versteht er nicht. Zumal der Freistaat als späterer Träger der Hochschule noch mit vielen Sonderwünschen nachgekommen sei. Die kosten immerhin rund 3,3 Millionen Euro extra. Dazu zählen zusätzliche Anforderungen an den Orchestersaal sowie den Innenhof, die Café-Bar, das Foyer und die Hörsäle.

Dies sei einer Hochschule des 21. Jahrhunderts schon auch angemessen, erläuterte Lehner und warb für Verständnis. Was aber keiner im Saal verstehen wollte, ist, dass der Freistaat nicht noch mehr beisteuert. „Hier gilt eben nicht der Satz: Wer anschafft, zahlt“, ärgerte sich Baumann. Der Stadtrat erteilte der Verwaltung zwar den Auftrag, nachzuverhandeln. Doch optimistisch war da keiner. Lehner: „Der Freistaat steht mit zugenähten Hosentaschen da.“

Maly schloss die Debatte mit den Worten: „Lasst uns das Ding so schnell wie möglich fertigbringen. Mit dem Tag der Eröffnung sind wir es los.“ Das soll 2016 sein.

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