Fasanenragout mit Captain Kirk

19.12.2007, 00:00 Uhr
Fasanenragout mit Captain Kirk

© Matejka

Ihr könnt rohe Klöße machen, Klöße aus gekochten Kartoffeln oder böhmische Knödel, aber ich will auf jeden Fall einen Kloß auf dem Teller haben. Anrichten ist um 12 Uhr», sagt Roland Kestel und los geht’s. Heute werkeln knapp 20 Nachwuchsköche und in der riesigen Profiküche mit 16 Herdzeilen aus Edelstahl. Sie schälen Kartoffeln, schneiden Brotwürfel für die Klöße, putzen Champignons. Dazu gibt es Fasanenragout. Sofort zieht der Duft von gebratenen Zwiebeln durch den Raum, in den Töpfen brodelt schon das Wasser. Dann zischt es laut und nebliger Dunst von scharf angebratenem Fleisch breitet sich aus. Plötzlich ruft Kestel: «Pass auf, deine Pfanne explodiert gleich!» Ein Koch hat das Öl zu heiß werden lassen. «Die Brotwürfel werden es dir gleich danken und anbrennen», witzelt der Lehrer. Johanna Finzel

Anita Schmitt zögert: «Da muss ich erst den Direktor fragen.» Die kleine Frau wirft einen skeptischen Blick auf den Stapel, der vor ihr liegt. Eine hübsche Studentin will kostenlose Postkarten auslegen. Die Motive werben für Aids-Prävention und Umweltschutz. Im Sekretariat läuft alles auf: Krankmeldungen, Reparaturanträge, Bewerbungen und Werbung. Anita Schmitt ist das gewohnt - seit 34 Jahren arbeitet sie als Sekretärin im Direktorat 6, der Schule für Medien und Marketing. «Langweilig wird es nie», sagt sie mit einem leisen Lächeln, und ihre Augen blitzen kurz hinter den Brillengläsern auf. Sabine Siebert

Hier wird der Ernstfall geprobt. Die 21-jährige Juliane Klier aus Schwandorf präsentiert vor der Klasse ihre «Hairytrends», das Werbekonzept für eine Friseurkette. Es geht locker zu im Unterricht der künftigen Medienberater. Alle acht Azubis aus Nürnberg, Augsburg und München wissen bereits, dass sie übernommen werden. Später dann beraten sie Kunden, Konzepte erstellen oder sich um das Design kümmern. «Einige Firmen sind noch skeptisch», erklärt Berufsbereichsleiter Wolfgang Röder. Der Ausbildungsberuf ist neu, die künftigen Berater erst zwischen 18 und 23 Jahre alt. «Die Erfahrung kommt dann im Beruf.» Claudia Lehner

Stöckelschuhe, Schminktäschchen, Handys und Hosen auf Halbmast. Das ist die Grundausstattung, wenn Friederich Biegel mit den Schülern des Berufsbildungszentrums zum Wandern ins Pegnitztal aufbricht. «Den Berg rauf fluchen sie, den Berg runter singen sie», sagt der Schulsozialpädagoge augenzwinkernd. Solche Erfolgserlebnisse stärken die Jugendlichen. Nicht immer ist die Arbeit von Biegel und seiner Kollegin so einfach. Meist sind es Probleme in den Familien, die Schüler das Büro aufsuchen lassen. Streit, Schläge und zuweilen auch Liebeskummer. Auch tragische Einzelfälle sind darunter, sagt Biegel: «Eine türkische Schülerin wurde in die Türkei zwangsverheiratet. Sie ist nie zurückgekommen.» Ariane Maier

Der Captain Kirk auf dem «Raumschiff BBZ» heißt Alfred Lang und er regiert auf einer schmucklosen Brücke. Drei gewöhnliche Computer in einer kargen Kammer steuern alle technischen Abläufe im Komplex. Das Gehirn, nennt es Lang. Der technische Leiter hat die Verantwortung für ein Areal von 65000 Quadratmetern, darauf sieben Gebäude, 400 Klassenräume, 170 Stromverteiler, 12000 Leuchtstoffröhren, fünf Sporthallen, Kfz-Werkstätten, Schreinereien und die größte Küche Deutschlands. Im Dreischichtbetrieb verarzten Lang und die 15 Haushandwerker die kleinen Wehwehchen. «Man muss ständig hinterher sein», sagt er und hält sein Schiff auf Kurs. Christian Roth- mund

Sägespäne auf den Boden, Holzgeruch in der Luft. Zwischen Brettern und Böcken hängen Bilder von Menschen in schwarz-weißer Kluft. Der ein oder andere hat einen breitkrempigen Hut auf, fast alle lächeln in die Kamera. Auf jedem Foto neue Gesichter. Nur Michael Ammon, 64 Jahre alt, ist immer dabei. Mal jung, mal alt. Seit über dreißig Jahren bildet der Mann im grauen Kittel Zimmerleute aus. Gerade zeigt er den Jugendlichen, wie man richtig mit dem Stemmeisen umgeht. «Immer gegen die Faser schneiden, damit das Holz nicht ausreißt!» Er weiß wie man Balken miteinander verbindet, hat unzählige Dachstühle gebaut. «Heute geht das alles sehr viel einfacher.» Nebenan: eine große CNC-Maschine mit Computerterminal. Sie schneidet die Holzstücke hier automatisch zu. Andreas Sichelstiel

Neugierig suchen die Augen nach dem berühmten Objekt. Doch der Raum enttäuscht: Weiße Wand, Schreibtisch mit PC, ein paar Blumen auf dem Fensterbrett, ein Tisch mit Besucherstühlen. «Wo ist denn ihre Couch, Herr Jelko?» Der Schulpsychologe schmunzelt. Das Lieblingsmöbel der Analytiker gibt es in seinem Büro jedenfalls nicht, statt im Ohrensessel sitzt Jelko auf einem einfachen Stuhl. Dennoch ist er ein echter Psychologe, die oft letzte Anlaufstelle im riesigen Meer von Problemen. Darin treiben Jugendliche mit Depressionen, ausgebrannte Lehrkräfte und Mütter, die um die Zukunft ihrer Kinder bangen. Jelko versucht dann, «mit Gesprächen» wieder Ruhe in die oft tiefen Gewässer zu bekommen. Ist der Sturm zu gewaltig, so vermittelt der Schulpsychologe den Hilfesuchenden weiter, Hauptsache der geht nicht unter. Christoph Benesch

Teller klappern im Schulkomplex F. Es riecht nach Zwiebeln und gebratenem Schinken. Die «Catering-Klasse» trifft sich jeden Freitag um acht Uhr in der Großküche. Zwischen den drei Backöfen und der großen Schultafel entstehen Nudelauflauf und Pizzabrötchen. «Wenn ich groß bin, werde ich Sterne-Köchin», sagt die 17-jährige Mela und kostet die Soße. Einen Ausbildungsplatz hat sie bisher nicht gefunden. Für Jugendliche wie Mela gibt es deshalb das Berufsvorbereitungsjahr: Hier erhalten die Schüler eine gezielte «Rundumversorgung» in Theorie und Praxis: Deutsch, ein EDV-Kurs und die Grundrechenarten genauso wie Kochen und Hauswirtschaft. «Mathe ist doof, aber Kochen ist das Beste», sagt Mela.

Achim Bergmann

Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Zwischen der täglichen Post, die feinsäuberlich in eine Mappe einsortiert ist, liegt eine ausgeschnittene Briefmarke. «Die Sekretärin weiß um meine Sammelleidenschaft», lächelt Evelyn Lacina (57) und legt sie neben ihren zettelgespickten Terminplaner. Seit neun Jah- ren ist sie Schulleiterin des Bereichs 8. Über 2200 Schüler werden dort in sieben Gesundheitsberufen wie Chemielaborant oder Zahntechniker ausgebildet. Deshalb auch der Schädel in ihrem Regal, der als Buchstütze dient. «Ich liebe die Herausforderung», sagt Lacina und schiebt die Lesebrille höher. Nicole Netter

Auf den Tischen der Fachakademie für Wirtschaft türmen sich Gesetzesbücher, Skizzen, Zettel. Bei den angehenden Betriebswirten steht im Fach Recht heute das Handwerksregister auf dem Stundenplan. Obwohl das Thema eher trocken ist, sind Sebastian Beck und seine Mitstudierenden konzentriert bei der Sache. Der 23-Jährige ist hier, weil er beruflich weiterkommen will. Wie seine 100 Kommilitonen hat er eine abgeschlossene Berufsausbildung, arbeitete als Reiseverkehrsfachmann. «Aber in meiner Firma hatte ich keine Aufstiegschancen», sagt er. In Nürnberg bildet er sich jetzt im zweijährigen Vollzeitkurs in Außenwirtschaft weiter, büffelt Volkswirtschaftslehre, Spanisch und Personalwirtschaft. Berufsziel: Mittleres Management. Katrin Merkel

Zwei Sofas laden zum entspannten Lesen ein. Und manchmal auch zum Schlafen. Noch ist es ruhig in der Schulbibliothek im Berufsbildungszentrum. In den Regalen stehen nicht nur Fachbücher und -zeitschriften, sondern auch Harry Potter und Schillers Räuber. Daneben gibt es Romane, Hörbücher, DVDs und Zeitschriften - rund 15 000 Medien insgesamt. «Unsere Jugendlichen lesen. Sie sind viel besser als der Ruf, der ihnen vorauseilt», sagt Inge Schwarz- Holze, Leiterin der Bibliothek im Berufsbildungszentrum. Eva-Maria Käter