Flüchtlinge ziehen in Nürnberger Altenheim ein

24.12.2013, 13:11 Uhr
Der Eingang zum August-Meier-Heim an der Regensburger Straße: Wenn die Flüchtlinge wieder ausgezogen sind, muss die Einrichtung grundlegend saniert werden.

© Sippel Der Eingang zum August-Meier-Heim an der Regensburger Straße: Wenn die Flüchtlinge wieder ausgezogen sind, muss die Einrichtung grundlegend saniert werden.

Gerade hat das ehemalige Gasthaus „Tucherbräu“, eine städtische Immobilie, als Notunterkunft für Obdachlose neu eröffnet, da inspizieren die Experten bereits einen leerstehenden Trakt des kommunalen August-Meier-Heims an der Regensburger Straße. Brandschutz? Baumängel? Das sind ihre Themen. Der Altbau aus der Nazizeit soll, eiligst hergerichtet, schon ab Februar bis zu 50 minderjährige Flüchtlinge aus aller Welt aufnehmen.

Es müsse schnell gehen, sagt Frank Schmidt, der Vize-Chef des Jugendamtes. Denn die jungen Menschen, die oft lange und ganz alleine auf der Flucht waren, landen derzeit in der Zirndorfer oder Münchner Erstaufnahmestelle — und damit in unhaltbaren Zuständen.

"Viele sind traumatisiert"

Die Flüchtlingszahlen, das ist bekannt, sind explodiert. Statt 25 leben derzeit in Zirndorf 50 Menschen unter 18 Jahren. Auch die größere Einrichtung in München hat doppelt so viele Jugendliche aufgenommen wie vorgesehen. Sie kommen aus Syrien, Afghanistan, dem Sudan oder aus Äthiopien. „Viele sind traumatisiert und brauchen Hilfe und Betreuung“, so Frank Schmidt. Ob Kindersoldat aus dem Sudan oder Bootsflüchtling vor Lampedusa, für Minderjährige ohne Familie sorgt das Nürnberger Jugendamt.

Doch nicht nur die gestiegenen Flüchtlingszahlen sind der Grund dafür, dass im August-Meier-Heim bald ungewohnt junge Menschen wohnen werden. Es ist auch eine veränderte bayerische Flüchtlingspolitik, die laut Frank Schmidt bereits unter der früheren Sozialministerin Christina Haderthauer angestoßen wurde. Man will offenbar aufräumen mit dem Missstand, dass Migranten über 16 zusammen mit Erwachsenen in Sammelunterkünfte einziehen müssen. Bislang war das üblich.

Konsequenz: In Bayern wird es ab 2014 vier sogenannte Clearingstellen geben, in denen die Jugendlichen die ersten drei Monate leben, psychologisch und medizinisch betreut werden und einen Vormund bekommen. Neben München, Augsburg, Regensburg (oder Passau) wird eine der vier Stellen im Altenheim an der Regensburger Straße eröffnen. Träger ist die Rummelsberger Diakonie. Die überstrapazierte Zirndorfer Aufnahmestelle für Minderjährige wird dafür geschlossen.

Pro Jahr sollen 200 Jugendliche im Ostflügel des August-Meier-Heims unterkommen. Weil sie dort nicht lange bleiben können, braucht es auch mehr Plätze in den von Sozialpädagogen betreuten Wohngemeinschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. 60 Plätze gibt es bereits in der Stadt, laut Frank Schmidt vom Jugendamt suchen gerade mehrere Sozialverbände händeringend nach Immobilien. Dieser Markt sei leider ähnlich leergefegt wie der an geeigneten Sozialpädagogen, heißt es.

Alte Menschen und junge Flüchtlinge, Wand an Wand, geht das zusammen? Sowohl im Jugendamt als auch beim für Senioreneinrichtungen zuständigen NürnbergStift ist man davon überzeugt. Werkleiter Michael Pflügner sieht sogar Chancen in der ungewohnten Nachbarschaft, von der beide Seiten profitieren könnten.

Nicht nur ein Dach

Die wirklich große Herausforderung liegt aber nach Überzeugung von Frank Schmidt im nächsten Schritt. Die Jugendlichen bräuchten nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch eine Zukunftsperspektive. „Sonst wäre das alles zu kurz gesprungen.“

Die jungen Leute seien „extrem motiviert und lernwillig“; wo längst Fachkräfte fehlten, dürfe ihnen eine Ausbildung nicht mehr verwehrt werden, wenn sie volljährig sind. Junge Asylbewerber haben schon oft Lehrstellen gefunden, die sie dann wegen des Arbeitsverbots nicht antreten durften. Schmidt: „Ich bin optimistisch, dass sich das ändert.“

Über kurz oder lang wird das August-Meier-Heim als Clearingstelle wieder ausgedient haben. Das denkmalgeschützte Haus, entworfen von Hitlers Architekt Speer, muss saniert werden. Rund 30 Millionen Euro könnte das Projekt verschlingen.
 

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