Gefahr aus der Hecke: Hat der Buchsbaum ausgedient?

16.5.2018, 05:43 Uhr
Gefahr aus der Hecke: Hat der Buchsbaum ausgedient?

© Stefan Hippel

Eigentlich ist die Raupe hübsch anzusehen, wie sie da zwischen den Zweigen umherkrabbelt. Und auch der Schmetterling, weiß mit schwarzem Muster, sieht schön aus. Wäre da nur nicht der gewaltige Appetit auf Buchsbaumblätter, der auch in Nürnberg viele Menschen verzweifeln lässt.

Die Gräber auf dem Südfriedhof sind stark befallen, sagt Gärtnermeisterin Sandra Schott. Im Gegensatz zum Westfriedhof, wo es ähnlich aussieht, gibt es an der Julius-Loßmann-Straße auch einige Buchsbäume, für die die Verwaltung zuständig ist. Viele seien es nicht mehr, sagt Schott. "Wir holzen die befallenen ab und ersetzen sie durch andere Gehölze."

Von ihren eigenen Pflanzen pflückt die Gärtnermeisterin die Raupen mit der Hand herunter, "aber für unsere Mitarbeiter auf dem Friedhof wäre das zeitlich absolut nicht zu stemmen". Auch in vielen Vorgärten in der Stadt, etwa in denen an der Dahlmannstraße in Erlenstegen, sind die Buchsbäume braun gefärbt und von einem weißen Gespinst überzogen. Zwischen den immer kahler werdenden Zweigen winden sich die grün-schwarzen Raupen umher.

Einen Kahlschlag überlebt der Buchs

Eingeschleppt wurde der Buchsbaumzünsler (Cydalima perspectalis) aus Ostasien, vermutlich über Pflanzenimporte, sagt Michael Radloff vom gleichnamigen Gartencenter. "Das ist jetzt das dritte Jahr, dass es den Zünsler bei uns gibt. 2017 war auch schon schlimm." Der Falter legt seine Eier hauptsächlich an Buchsbaumblättern ab. Die Raupen fressen erst die Blätter, irgendwann sogar Stiele und Rinde. Meist geschieht das von innen nach außen, was einen Befall anfangs oft schwer erkennbar macht.

"Die häuten sich im Lauf ihres Lebens ein paar Mal, deshalb sind im Buchs meist auch Hautfetzen erkennbar. Und der Kot der Tiere", weiß Radloff. Befallene Pflanzen weisen eine beige-gelbliche, braune Farbe auf, sie haben kaum noch Blätter und sind eingesponnen. Irgendwann verpuppen sich die Raupen und verwandeln sich in einen Schmetterling, sagt Radloff.

Der Gartenprofi rät jedoch davon ab, einen vom Zünsler befallenen Buchsbaum gleich auszureißen. "Einmal kahl fressen funktioniert." Nur wenn der Buchs ein zweites oder drittes Mal vom Zünsler heimgesucht werde, wird es schlimm. "Wer die Möglichkeit hat, ein paar Mal hinzugehen und was zu machen, der sollte das tun."

Je nach Temperatur rät Radloff zu Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff "Bacillus thuringiensis" oder gärtnerischen Ölen mit den Insektiziden "Pyrethrum" oder "Neem". Die Mittel seien biologisch abbaubar und für Vögel, die Raupen verspeisen, nicht schädlich, sagt der Experte. In den Gartencentern bekomme man sie dennoch nur auf Nachfrage.

Wer mit der Spritze gegen den Schädling vorgehen will, dürfe aber nicht nur außen an die Blätter, sagt Radloff. "Man muss die Pflanze mit der Hand aufmachen und fünf, sechs Zentimeter reinsprühen, sonst frisst der innen einfach weiter." Wer nicht auf Pflanzenschutzmittel zurückgreifen will, könne versuchen, den Buchs mit dem Hochdruckreiniger abzuspritzen. "Wenn ich eine Pflanze mit einer schönen Kugel habe, wo jeder Zweig über die Jahre seinen Platz gefunden hat, dann muss man aber sehr vorsichtig sein."

Von Kunden hat Michael Radloff auch gehört, dass sie die Blätter mit Kalk einstauben. "Ob die Raupen das stört, weiß ich nicht. Für den Garten ist das aber harmlos." Manch einer zieht eine schwarze Plastikfolie über den Buchs und hofft, dass die Sonne diese so aufheizt, dass die Raupen darunter eingehen. Davon rät Radloff aber eher ab: "Sobald das innen über 40 Grad warm wird, stirbt auch die Pflanze."

"Die Buchsbaumkultur ist in weiten Bereichen vorbei"

Die händische Variante, die Gärtnermeisterin Sandra Schott bei ihren eigenen Pflanzen anwendet, gefällt Wolfgang Dötsch am besten. "Das ist absolut löblich, ich halte das nur nicht für praktikabel." Aus Erfahrung weiß der Geschäftsführer des Bund Naturschutz in Nürnberg, dass vor allem ältere Menschen Probleme hätten, die gut getarnten Raupen zu entdecken.

Von Pflanzenschutzmitteln warnt Dötsch aber: "Viele von den ökologischen Giften sind Breitbandinsektizide, die nicht nur den Zünsler treffen." So sei der Wirkstoff "Bacillus thuringiensis" zwar für den Menschen ungefährlich und problemlos biologisch abbaubar, für viele Insektenarten aber bedrohlich. "Und die Pyrethroide sind Nervengifte, die auch für uns hochtoxisch sind. Jeder muss sich vor der Anwendung vor Augen führen: Trifft das Insektizid wirklich nur die Art, die ich bekämpfen will, oder auch noch viele andere Insekten im Garten, die man vielleicht ganz hübsch und nützlich findet?", sagt Dötsch.

Man müsse auch bedenken, dass es nicht bei einer einmaligen Bekämpfung bleiben wird, sondern die Präparate dauerhaft eingesetzt werden müssen. "Ich denke auch, dass die Buchsbaumkultur deswegen in weiten Bereichen vorbei ist." Die Menschen sähen sich bereits nach anderen Rabattenpflanzen um, etwa zwergwüchsigen Eiben oder Zwergwacholder. "Es gibt einiges, was den Buchsbaum vielleicht in Zukunft ersetzen kann."

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