Gewohntes in neuem Licht

13.6.2013, 00:00 Uhr
Gewohntes in neuem Licht

© dpa

Eine einfahrende U-Bahn, der Blick auf die Zeppelintribüne, ein verschneiter Wald — alles Ansichten, die man mehr oder weniger kennt. Doch Thomas Bischof gewinnt ihnen ganz neue Perspektiven ab: „Ich will die Dinge zeigen, wie man sie vorher noch nie so deutlich erlebt hat“, sagt der Künstler aus Langenzenn im Landkreis Fürth.

Konkret möchte der Fotograf Bewegung sichtbar machen. Dabei spielt natürlich der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle. „Chrono-Grafiken“ nennt er seine Bilder, also Zeit-Zeichnung. Beispiel Burgblick: Bischof hat die Ansicht vom Adler-Parkhaus aus fotografiert. Das, was normalerweise in den Fokus gerückt wird, nämlich die Kaiserburg, tritt bei ihm vollständig in den Hintergrund. Die Altstadt wird zur grau-weißen Kulisse, als bunter Farbtupfer springt dagegen alles ins Auge des Betrachters, was sich zum Zeitpunkt der Aufnahmen bewegt hat: Hauptsächlich die Passanten, auf anderen Werken auch Autos und wandernde Schatten. Im Falle des Burgblicks erreicht der 53-Jährige zusätzlich eine Relief-Wirkung. Das Motiv wird dadurch so plastisch, als wäre es gestanzt.

So wirken die Ergebnisse seiner Arbeit nachgerade surreal. Dabei legt Thomas Bischof, der sich schon als kleiner Junge sehr für Fotografie interessierte, Wert darauf, dass er an den Bildinhalten nichts manipuliert. „Ich verändere nur stilistisch etwas, zum Beispiel Helligkeit, Schärfe und Unschärfe sowie Kontrast.“ So hebt er bestimmte Eigenschaften hervor und reduziert andere. So lange, bis zum Beispiel die Steintribüne aussieht wie ein Gipsmodell — alleine durch die Sichtbarmachung der Beleuchtungsunterschiede.

Ausgerüstet mit Stativ schießt er über einen langen Zeitraum unzählige Aufnahmen eines einzelnen Motivs, legt diese übereinander und nutzt dann seine Erfahrungen in der digitalen Bildbearbeitung, um die Effekte zu erreichen, die man in der Ausstellung bewundern kann. Wobei: „Das Wort Effekt ist mir zuwider“, sagt Bischof.

Komplizierte Technik

Wie genau das Verfahren funktioniert, bleibt sein Geheimnis. Eins steht fest: Es ist ein komplizierter Vorgang. Vier Jahre lang habe er gebraucht, um die Technik zu entwickeln, erläutert Bischof, der sich als „Tüftler“ beschreibt. Er kenne niemanden, der ähnliche Arbeiten mache. Unzählige Nachtschichten gehen für die Bearbeitung eines Motivs drauf. Fertig ist es, „wenn mir die Augen zufallen.“ Doch nicht immer klappt die Umsetzung einer Idee, ganz im Gegenteil: Nur ein Bruchteil der Ergebnisse ist verwendbar.

„Wir leben in einer wunderschönen Welt, nehmen sie aber oft gar nicht bewusst wahr“, formuliert Thomas Bischof eine seiner Motivationen. Durch die Reduktion der Umgebung wolle er wieder neugierig auf sie machen.

In der kleinen Schau im Künstlerhaus, die der Komm-Bildungsbereich organisiert hat, sind großteils Nürnberg-Ansichten vertreten. Allerdings mitnichten nur typische Touristen-Motive, sondern etwa auch das Stellwerk, der Containerhafen — oder passend zum Ausstellungsort das berühmte Komm-Pissoir.



„Zeit im Raum“, bis 21. Juli, Glasbau im Künstlerhaus, Königstraße 93, Di., Do.-So. 10-18, Mi. 10-20 Uhr, Eintritt frei; Künstlergespräch am 3. Juli um 18 Uhr.

 

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