"Gruftiger Charme", breite Sessel: Meisengeige öffnet wieder

27.3.2014, 19:10 Uhr
Sind zufrieden mit der "neuen" Meisengeige: Kino-Mogul Wolfram Weber (rechts) und Oberbürgermeister Ulrich Maly.

© Michael Matejka Sind zufrieden mit der "neuen" Meisengeige: Kino-Mogul Wolfram Weber (rechts) und Oberbürgermeister Ulrich Maly.

Es war ein heilsamer Schock. Als sich im September letzten Jahres die Nachricht verbreitete, dass Wolfram Weber die Meisengeige schließen will, sind Nürnbergs Cineasten aufgewacht und machten sich für das kleine Kino stark. Innerhalb kürzester Zeit hatten fast 8000 Menschen eine Online-Petition zum Erhalt der „Geige“ unterzeichnet. Cornelia Bauer aus Rückersdorf hatte sie gestartet und ist heute noch erstaunt darüber, auf wie viel Resonanz ihre Aktion gestoßen ist. „Ich wollte einfach probieren, ob es klappt“, sagt sie. „Irgendjemand musste doch den Anfang machen.“

Es hat geklappt, die Meisengeige öffnet am Freitag wieder und Cornelia Bauer konnte sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass sie nicht kaputt renoviert worden ist. Am Tag vor dem Neustart sind auch Oberbürgermeister Ulrich Maly und Daniel Ulrich, der Chef der Bauordnungsbehörde, gekommen. Schließlich waren die Proteste der Bürger auch bei ihnen gelandet.

Bis heute ist unklar, wer die Summe von 250 000 Euro ins Gespräch gebracht hatte. So viel, hieß es im vergangenen Sommer, würden die Umbauten kosten, um die Brandschutzvorschriften zu erfüllen. Sowohl Daniel Ulrich als auch Wolfram Weber sagen, dass die Zahl nicht von ihnen stamme. Letztlich musste Nürnbergs Kino-König eine überschaubare Summe von 30 000 Euro investieren. Und der Leiter der Bauordnungsbehörde ist zufrieden. „Es sind alle Auflagen erfüllt“, sagt er, und tippt sachte an einen neuen Brandmelder. „Alles vorbildlich.“

Optisch haben sich Kino und Kneipe kaum verändert. Der neue Linoleum-Boden fällt kaum auf. Mehr realisieren werden die Zuschauer den ungewohnten Sitzkomfort: Beide Kino-Säle sind mit neuen Polstersesseln ausgestattet worden. Die stammen aus dem Cinecittà – dort waren sie übrig – und sind breiter als die alten. Deshalb passen auch nicht mehr so viele wie bisher in einen Raum: Im großen Saal gibt es jetzt noch 74 Plätze statt 94, im kleinen Saal sind es 16. Die gleichen neuen Sitze wird demnächst auch das Metropolis am Stresemannplatz bekommen.

Den Oberbürgermeister freut es ebenfalls sehr, dass die Meisengeige gerettet ist. Immerhin ist sie Deutschlands ältestes Programmkino. Und sie gehört, findet Ulrich Maly, zu Nürnberg wie der Christkindlesmarkt. „Es ist klasse, dass es mit dem Erhalt geklappt hat“, sagt der OB. „Sie ist ein Stück Nürnberger Kultur- und Kinogeschichte und es ist gut, dass sie ihren etwas gruftigen Charme behalten hat.“ Gar nicht von gestern, darauf legt Wolfgang Weber wert, ist die Technik. „Vor fünf Jahren wurde alles komplett digitalisiert. Die Technik ist die gleiche wie im Cinecittà.“

Auch im "Cine" bleibt die Zeit nicht stehen

In Wolfram Webers Multiplex-Kino am Gewerbemuseumsplatz soll die Zeit ebenfalls nicht stehenbleiben. 2,5 Millionen Euro habe er im letzten Jahr ins Cinecittà investiert, sagt Weber. Unter anderem in die Deluxe-Säle, die bei den Gästen sehr gut ankämen – am Samstag wird bereits der vierte eröffnet. Deluxe bedeutet unter anderem: Viel Platz, Polstersessel mit elektrisch verstellbarer Lehne und Fußstütze sowie Snacks, die an den Platz gebracht werden. Speziell ist auch der Ton – Dolby Atmos heiße das System, das ein Äquivalent zum digitalen Bild sei, sagt Weber.

„Im Saal befinden sich 40 Lautsprecher, dadurch entsteht ein realistisches Tonerlebnis.“ Nach und nach will er alle Kinosäle im Cinecittà mit Dolby Atmos ausstatten. Investiert hat Weber außerdem in die Lüftungsanlage, was ihm eine Menge Energiekosten erspart. Bislang liegen die bei rund 600 000 Euro im Jahr, mit Hilfe der neuen Technik würden 200 000 Euro eingespart.

Wer Kino lieber im Kleinformat mag, der hat jetzt also seine Meisengeige wieder. Künftig sollen dort noch mehr Klassiker in digitalisierter Form gezeigt werden. Den Anfang macht „Baal“ von Volker Schlöndorff. Der Film entstand 1970 – in dem Jahr, in dem die Meisengeige eröffnet wurde.

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