Hajo Dietz wollte schon als kleiner Junge in die Luft

19.9.2009, 00:00 Uhr

Das Büro liegt abseits vom Wohnbereich, der Freiberufler hat die Räume erst vor Kurzem bezogen: Die Regale sind halbleer und die Wände fast kahl. In der Mitte des Büros stehen zwei große Schreibtische. Auf einem thront ein Fotoapparat der Luxusklasse. Am anderen Schreibtisch sitzt eine Mitarbeiterin, die gerade im Urlaub ist. Dietz bastelt gerade an einem Plakat, das Zerzabelshof von oben zeigt, es soll beim kommenden Stadtteilfest veröffentlicht werden.

Bei Flugwetter bricht Hektik aus

Der Arbeitsalltag von Dietz wird von gusseisernen Morgengewohnheiten bestimmt, wie er selbst von sich sagt. Er sitzt ab 8.30 Uhr am Schreibtisch und checkt Wetterberichte und E-Mails. Seine Mitarbeiterin kommt um neun. «Wir schäkern ein bisschen rum und dann hat jeder seine Arbeit», erzählt Dietz. Wenn Flugwetter ist, dann bricht allerdings die Hektik aus: Akkus werden geladen, die Kamera in die Flugeinstellungen gebracht, Helikopter oder Flugzeug organisiert und der Tower des Nürnberger Flughafens angerufen.

Ein Blick in die Arbeitslisten und auf den Kartenausschnitt an der Wand verrät dem Luftbildfotografen, welche Punkte er mit seinem Piloten anfliegen muss. Auf der aktuellen Karte ballen sich die meisten Punkte im Großraum Nürnberg. Aber auch Augsburg und die Mündung des Lech in die Donau sind rot markiert.

Dann geht es los zum Flugplatz, wo der Pilot bereits getankt hat. Ein Flug für Luftaufnahmen dauert zwischen einer bis zu sieben Stunden. Während einem Flug fotografiert Hajo Dietz für seine Auftraggeber. Andere Aufnahmen, wie etwa von kleineren Ortschaften, fängt er ohne konkreten Auftrag ein. Mit diesen Bildern geht er später in die Rathäuser und bietet sie an.

Hajo Dietz erzählt, dass er als Kind Pilot werden wollte. «Je mehr ich geflogen bin, desto mehr habe ich festgestellt, dass die Technik gar nicht so interessant ist, wie der Blick nach unten», sagt er. Gestört habe ihn immer die Vergänglichkeit dieses Blickes. «Das ist der große Nachteil beim Fliegen: Man zieht wahnsinnig schnell über Landschaften hinweg und man kann sie nicht festhalten», erläutert er.

Deshalb hat Hajo Dietz das Fotografieren von oben zu seinem Beruf gemacht. Pro Flug schießt er 300 bis 1400 Fotos. Wieder zurück im Büro sichtet er die Bilder. Begeistert schildert er: «Ich freue mich wahnsinnig darauf, diese Bilder, an denen ich so schnell vorübergezogen bin, nochmal in Ruhe anschauen zu können und zu sehen: Ach, Mensch, das hast du ja gar nicht gesehen, ach, schau mal, dieses interessante Haus und was für eine schöne Feldzeichnung . . .»

Bis auf ein paar unscharfe und verwackelte Bilder archiviert Dietz alles auf seinen Festplatten – bei 13 bis 18 MB pro Bild braucht er dafür eine Menge Speicherplatz. Danach beginnt für ihn eine Geduldsarbeit. «Bildbearbeitung ist meine hauptsächliche Arbeit, 90 Prozent findet am Computer statt», betont er. An einer Aufnahme von Augsburg veranschaulicht Dietz, wie er den Horizont austariert, Farbwerte korrigiert und Verzerrungen aus dem Bild nimmt.

Dietz will der Beste seines Fachs werden

Nicht jeder seiner Kollegen nimmt diese Arbeit so ernst wie Dietz. «Was manche als Luftaufnahmen veröffentlichen, da zieht es mir die Schuhe aus», schimpft er. «Wolkenschatten, Kamera schief – das ist so, wie wenn ich ihnen ein frisches Schnitzel hinlege und behaupte: das ist eine Mahlzeit!»

Der Autodidakt Dietz hat den Anspruch, einmal der beste Luftbildfotograf in ganz Deutschland zu werden. Sein Vorbild ist der französische Fotograf Yann Arthus-Bertrand, der mit Büchern wie «Die Erde von oben – Tag für Tag» berühmt wurde. «Bei Arthus-Bertrand kommt das Fernweh dazu, da komme ich mit meinen Schwabach-Bildern nicht ran», schmunzelt Hajo Dietz.

Bisher fotografiert Hajo Dietz in erster Linie für gewerbliche Zwecke, für Kommunen und für die Presse. Sein erstes Pressebild veröffentlichte er 1994 in einer Sonderbeilage über die Eröffnung des Südklinikums. Auch wenn er heute über die Qualität seiner damaligen Luftaufnahme lacht: Sie gab ihm den Antrieb weiterzumachen. Vor fünf Jahren gründete er schließlich «Nürnberg Luftbild». Heute plant er sogar ein Buch über Luftfotografie. «Es gibt bisher keine Ausbildung zum Luftbildfotografen oder Leitlinien woran man gute Luftbildfotografien erkennt,» erklärt er seine Vision.

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