Investor kann Kritiker kaum trösten

18.2.2015, 21:25 Uhr
Investor kann Kritiker kaum trösten

© Fengler

Sie gehört zu den traurigen Top-Leerständen Nürnbergs: die ehemalige Oberpostdirektion. Zu den Abfällen, die die Mitarbeiter darin bei ihrem Auszug 1994 hinterließen, zählt ein Zettel an einer Wand im Rundbau an der Bahnhofstraße. „Bitte stehen lassen!“ steht darauf. Der Zettel bezog sich einst auf irgendeine Gerätschaft. Heute greift er zufällig die Hoffnung vieler geschichtsinteressierter Bürger auf: Man möge dieses Areal bitte so stehen lassen.

Das sieht die Hubert Haupt Immobilien-Holding anders. Sie will nur die Hülle des Rundbaus behalten, die Nachbargebäude neu bauen (die NZ berichtete). „Wir können uns im Moment nicht vorstellen, den Kopfbau zu erhalten“, so klang das gestern dann persönlich aus dem Mund von Michael Lentrodt. Der Projektentwickler der oberbayerischen Firma empfing am Schauplatz Medien-, aber auch Vereinsvertreter und Stadträte.

Investor kann Kritiker kaum trösten

© F.: Schulz/Haupt Immobilien

Das siebengeschossige Gebäude aus den frühen 1930er Jahren – mit der Postbank-Filiale im Erdgeschoss – zeigt sich innen im erwartbar morbiden Verfallszustand, aber auch nicht schlimmer. Lentrodt blieb bei seinen bisherigen Aussagen: Weder Gebäudetiefe und Raumzuschnitt noch Energieeffizienz würden einen wirtschaftlichen Erfolg des Hauses zulassen. „Bei einem Meter dicken Wänden und drei Meter breiten Fluren ist es fast unmöglich, Nutzer zu finden. Es hat seinen Grund, warum manche Büroflächen 20 Jahre leerstehen.“

Promi-Architekt um Teilnahme gebeten

Haupt Immobilien werde einen großen zweistelligen Millionenbetrag an dieser Adresse investieren. „Da brauchen wir eine gute bauliche Lösung, keinen Kompromiss“, sagte Lentrodt. Gleichzeitig betonte der Projektleiter, dass ergebnisoffen geplant werde. Deshalb stelle der Architekturwettbewerb den Teilnehmern frei, ob sie den alten Kopfbau integrieren statt abreißen wollen. „Aus meiner Sicht gibt es da kein Richtig oder Falsch. Es gibt halt Meinungen.“ Nur Glasbauten schließe er aus. Eine Aufstockung könne er sich dagegen gut vorstellen. Ein Stadtplanungsbüro sei beauftragt, eine Empfehlung zur passenden Höhe im Stadtbild zu machen.

Investor kann Kritiker kaum trösten

© Fengler

Der Wettbewerb soll im April oder Mai beginnen. Haupt möchte am liebsten schon im Juni die Wahl treffen. Uneins sind sich Firma und städtisches Baureferat noch bei der Anzahl der Wettbewerber. Haupt will nur 15 zulassen, der Stadtrat mehr. Bereits angefragt sind ziemlich glamouröse Architekten: der Brite David Chipperfield und der streitbare Christoph Mäckler aus Frankfurt. Der Ausschreibungstext ist noch nicht abgestimmt. Der denkmalgeschützte Rundbau soll ein Vier-Sterne-Hotel werden. Der übrige Komplex soll ein weiteres, einfaches Hotel aufnehmen, dazu Läden, Büros und die Postfiliale. Die Entwürfe dürften auch einen Anbau für einen Kongresssaal vorschlagen, erläutert Lentrodt. Außerdem müssen sie den Vorplatz zum Bahnhofsgebäude hin gestalten.

Zwar waren die Bürgervertreter nach dem Termin grundsätzlich erfreut über die Bereitschaft zum persönlichen Austausch. Inhaltlich aber änderte die Besichtigung nichts an ihrer Haltung: Sie verstehen nicht, warum der Kopfbau geopfert werden soll, haben Angst vor schlechter Architektur. „Dieses Gebäude ist etwas ganz Besonderes in der Stadtbaugeschichte, das kann man nicht einfach wegreißen“, meint etwa Elmar Hönekopp von der Stadtbild-Initiative Nürnberg. „Wir werden da weiter Druck machen.“ Dem Rathaus wirft er vor, die Investorensicht „ein bisschen zu leichtfertig abgesegnet“ zu haben. Auch wenn für den Kopfbau kein Bebauungsplan und kein Denkmalschutz besteht: „Die Stadt Nürnberg kann doch trotzdem eine Position vertreten.“

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© Fengler

Auch Karl-Heinz Enderle von den Altstadtfreunden bleibt skeptisch. Optisch und historisch habe der Kopfbau den Erhalt verdient. „Nach meinem Dafürhalten wäre das Gebäude durchaus nutzbar, aber ich kann es natürlich schlecht beweisen.“ Er sehe ein, dass es vermietbar gemacht werden müsse. Wie Hönekopp kritisiert Enderle es als „Feigenblatt“, wenn der Wettbewerb auch den Erhalt des Kopfbaus erlaube. „Wenn der Investor den Abriss will, wird kein Architekt das Gegenteil vorschlagen.“

Der Architektin Brigitte Sesselmann vom Verein Baulust erscheinen nach dem Rundgang die Pläne zu oberflächlich. „Will man so weitermachen wie an der Bahnhofstraße mit Hotels und Büros? An dieser wertvollen Stelle muss mehr Leben für die Nürnberger passieren.“ Baulust bemängelt am pauschalen Abriss außerdem die Verschwendung vorhandener Baustoffe. „Man sollte diese graue Energie überprüfen, bevor man etwas wegreißt.“

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