Justizbeamtin steht als Angeklagte vor Gericht

21.3.2018, 19:54 Uhr

Vor Gericht gibt es Angeklagte, denen eine einfache Strafe droht - und solche wie Erna W.: Sie muss mit der Verurteilung mit Armut rechnen, denn die wahre Strafe für kriminell gewordene Beamte sind die disziplinarrechtlichen Folgen. Während der Angestellte, der verurteilt wird, nach verbüßter Strafe sein normales Leben fortführen kann, scheiden Beamte ab einem Jahr Freiheitsstrafe zwingend aus dem Staatsdienst aus - und dies gilt auch bei Bewährung. Beamtenstatus verlieren, das heißt auch: Man wird zwar bei der Rentenversicherung nachversichert, verliert aber den Pensionsanspruch.

Mit gebeugtem Rücken sitzt Erna W. (Name geändert) im Amtsgericht - eine bieder wirkende Frau, die schon vor Jahren mit ihrem Ex-Ehemann fast 20.000 Euro offenen Forderungen für Strom und Wasser beim Energieversorger anhäufte, ein Schuldenberg, den sie ihrem neuen Partner verheimlichte. Aus Angst, ihn zu verlieren, erklärt sie mit Pieps-Stimme. Was ihr Lebensgefährte nicht ahnte: Die monatlichen Abschläge wurden bei der N-Ergie dazu verwandt, die alten Schulden abzutragen - doch auf diese Weise entstanden freilich neue Schulden.

Ahnungsloser Partner

Die Folge: Die N-Ergie erwirkte nicht nur einen Titel gegen Erna W., sondern auch einen Pfändungsbeschluss gegen den neuen Mann in ihrem Leben. Im Frühjahr 2017 wurden 2200 Euro seines Gehalts gepfändet, von Erna W. wurden 1410 Euro einbehalten. Der Haussegen hing schief und nun versuchte die Frau, die in der IT-Stelle der Justiz tätig war, all dies als Missverständnis zu deklarieren - und dies in einer Art und Weise, die geeignet ist, dem Ansehen der gesamten Justiz zu schaden, denn sie missbrauchte ihr Wissen und ihre Stellung als Amtsträgerin.

Zu Hause am Computer fabrizierte sie ein Anwaltsschreiben plus "Aufhebungsurteil": Die "Zwangsvollstreckung aus dem fehlerhaften Versäumnisurteil" werde aufgehoben, tippte sie - allein dies ein Satz, den kein Richter formulieren würde. Sie erfand ein Aktenzeichen und setzte den echten Namen einer Richterin darunter - doch jene Juristin weilte damals in Elternzeit, auch dies ließ W. auffliegen. Ihr Freund gab die Dokumente in seiner Firma ab, kurz darauf stand die Polizei vor der Tür, im August 2017 wurde Erna W. suspendiert. Sie habe verdrängt und "auf ein Wunder gehofft", erklärt sie nun.

Wiederholtes Vergehen

Bereits im März 2017 kassierte sie einen Strafbefehl wegen Entziehung elektrischer Energie, im Jahr 2016, so hält ihr Führungszeugnis fest, hatte sie Geld unterschlagen, wohl die Kasse des Elternbeirats. Sie strebe eine Wiederaufnahme an, erklärt Erna W., in diesem Fall sei sie unschuldig. Fest steht, dass ihr Schuldenberg, als Verurteilte trägt sie die Kosten des Verfahrens, wächst. Urkundenfälschung in zwei Fällen bringt ihr ein Jahr Freiheitsstrafe ein, als Bewährungsauflage muss sie 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Erna W. kann Berufung einlegen.