Strafprozess

Lotto-Mord: Lebenslange Haftstrafe für Haupttäter

7.2.2013, 18:27 Uhr
Der 30-jährige Rachid C. (hier mit seiner Verteidigerin Manuela Gross) muss lebenslänglich hinter Gitter. Sein Bruder wurde zu achteinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

© Harald Sippel Der 30-jährige Rachid C. (hier mit seiner Verteidigerin Manuela Gross) muss lebenslänglich hinter Gitter. Sein Bruder wurde zu achteinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Da das Gericht bei Rachid C. die besondere Schwere der Schuld feststellte, kann der Mann auch nach 15 Jahren nicht vorzeitig aus der Haft entlassen werden. Zu dieser Strafe kommen achteinhalb Jahre Gefängnis hinzu, die der in Algerien aufgewachsene und seit über zehn Jahren in Nürnberg lebende Mann für einen brutalen Überfall auf eine Schulsekretärin im Jahr 2010 sowie eine noch nicht verbüßte Strafe kassierte.

Die Jugendkammer unter Vorsitz von Richter Dieter Weidlich sah es nach einem vier Monate langen Indizienprozess als erwiesen an, dass die Brüder an dem Überfall auf den Lotto-Laden in der Rothenburger Straße am Karsamstag 2011 beteiligt waren.

Demnach spähte Rachid C. das Geschäft und die Gewohnheiten der Inhaberin aus. Am 23. April 2011 fuhren er und sein damals erst 16 Jahre alter Bruder in den frühen Morgenstunden mit einem Taxi in die Nähe des Tatorts. Als Frieda H. die Türe öffnete, überwältigten sie die 76 Jahre alte Frau im Eingangsbereich, schleiften sie dann in den hinteren Teil des Verkaufsraums und fesselten und knebelten sie dort mit Klebeband.

Da sich die rüstige Frau wohl nach Leibeskräften wehrte, brachten sie sie schließlich auf brutale Art und Weise zum Schweigen: Die Jugendkammer geht davon aus, dass Rachid C. die 76-Jährige erwürgte. Sid Ali muss die verzweifelt um ihr Leben kämpfende Frau an den Armen festgehalten haben, so das Gericht. Nachdem Frieda H. verstorben war, rafften die Brüder 100 Stangen Zigaretten und 377 Einzelpackungen in Taschen und flüchteten erneut mit einem Taxi.

Die Richter stellten zwei Mordmerkmale fest: Einmal sei durch die Tat der Diebstahl der Zigaretten möglich gewesen. Außerdem liege Habgier vor, so Richter Weidlich. „Rachid war sehr am gewinnbringenden Verkauf der Beute interessiert. Er hätte die Zigaretten ja auch vernichten können“, so der Vorsitzende Richter. Auf den Päckchen fand die Polizei später Fingerabdrücke von Frieda H. und ihrem Sohn – wichtige Spuren, die die Tatbeteiligung der Brüder nachwiesen. Außerdem hatten DNA-Spuren und die Auswertung von Mobilfunkdaten die Männer überführt.

Der Mord an Frieda H. ist aber nicht die einzige Tat, für die Rachid und Sid Ali C. gestern verurteilt wurden. Beide waren nach Überzeugung des Gerichts an einem versuchten Raubüberfall auf eine Norma-Filiale in Schweinau am 18. Oktober 2010 beteiligt. Dort hatten sie den Marktleiter mit einer Schreckschusspistole bedroht, ihn mit Reizgas besprüht, getreten und geschlagen.

Als ein Nachbar aufmerksam wurde, flüchteten sie ohne Beute. Ein weiterer Supermarktüberfall auf einen Edeka-Markt in der Bucher Straße konnte den beiden nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Von diesem Vorwurf wurden sie freigesprochen.

Unstrittig ist nach Auffassung des Gerichts ein Überfall von Rachid C. auf ein Lotto-Geschäft in der Willstraße am 19. Oktober 2010. Auch hier überwältigte er mit einem unbekannten Komplizen eine ältere Dame und stahl Bargeld und Zigaretten. Das 64 Jahre alte Opfer, das eine Stunde geknebelt und gefesselt auf dem kalten Fliesenboden lag, kam glücklicherweise ohne schwere Verletzungen und psychische Nachwirkungen davon.

Schwer traumatisiert ist dagegen bis heute die Buchhalterin der Löhe-Schule, die Rachid C. am 25. Februar 2010 überfallen und ausgeraubt hatte. In der Schule war der Mann zuvor als Hilfshausmeister tätig gewesen.

Richter Weidlich wertete die Taten als „Orgie der Gewaltanwendung“ und wies in seiner Urteilsbegründung auf das kaltblütige Vorgehen der Brüder hin. Der bereits mehrfach vorbestrafte Rachid C. habe eine steile Karriere vom Ladendieb, über den Räuber und den räuberischen Erpresser bis hin zum Mörder hingelegt.

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