Mortler: Fixerstuben bleiben weiter Ländersache

26.1.2014, 07:00 Uhr
Mortler: Fixerstuben bleiben weiter Ländersache

© dpa

NZ: Frau Mortler, nach der Bundestagswahl waren Sie eine Zeit lang als Ministerin im Gespräch, jetzt sind Sie „nur“ Drogenbeauftragte geworden. Sind Sie enttäuscht?

Marlene Mortler: Enttäuschung ist in der Politik fehl am Platz. Das Amt der Drogenbeauftragten ist eine ausgesprochen wichtige und erfüllende Aufgabe. Ich bin stolz, dass ich als erste CSU-Frau dieses Amt bekleiden darf.

NZ: Bisher haben Sie Ihre Expertise vor allem in Fragen zur Landwirtschaftspolitik unter Beweis gestellt, jetzt sollen Sie die Bundesregierung in Drogenfragen beraten. Was qualifiziert Sie für diese Funktion?

Mortler: Die Bekämpfung von Drogen und die Suchtproblematik insgesamt erfordern ressortübergreifende Zusammenarbeit, auch zwischen unterschiedlichen Ebenen wie Bund, Ländern, Gemeinden und EU. Die Art der Koordinierung ist mir vertraut – sei es aus dem Bereich Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz oder Tourismus. Ich bin sicher, dass ich meine bundespolitische Erfahrung aus drei Legislaturperioden gewinnbringend einbringen kann.

NZ: In welchem Bereich besteht nach Ihrer Ansicht der dringendste Handlungsbedarf – illegale Drogen, Tabak, Alkohol?

Marlene Mortler

Marlene Mortler



Mortler: Ich glaube, das eine Thema gibt es nicht. Aber was mir besonders am Herzen liegt, sind Kinder und Jugendliche. Ganz wichtig ist es, diejenigen zu schützen, die es noch nicht selbst in der Hand haben – die Ungeborenen im Mutterleib. Alkohol, Tabak und Drogen in der Schwangerschaft verursachen riesige gesundheitliche Probleme. Stärker als bisher in den Fokus nehmen möchte ich zudem die Situation von Kindern aus suchtbelasteten Familien. Etwa 2,6 Millionen Kinder sind in Deutschland betroffen und werden in ihrer körperlichen und seelischen Entwicklung massiv beeinträchtigt und benachteiligt. Viele entwickeln später eine eigene Suchtproblematik.

NZ: Zu Drogenkonsumräumen oder Fixerstuben hat gerade die CSU stets eine dezidiert ablehnende Haltung vertreten. Wie wird sich diese Position in den kommenden vier Jahren in der Drogenpolitik der Bundesregierung niederschlagen? Gibt es Absprachen darüber mit dem Koalitionspartner?

Mortler: Insgesamt haben wir in Deutschland ein sehr gut aufgestelltes Suchthilfesystem und einen politischen Konsens für eine moderne Drogen- und Suchtpolitik. Sie umfasst vielfältige Angebote in Prävention, Beratung und Hilfe, gesetzliche Regulierungen sowie Maßnahmen zur Schadensreduzierung. Zum letzten Punkt zählen Drogenkonsumräume, die derzeit in sechs Bundesländern angeboten werden. In Bayern wie in neun anderen Bundesländern besteht dieses Angebot nicht. Darüber muss auch weiterhin jedes Bundesland selbst entscheiden. Daher gibt es hierfür auch keine Absprachen auf Bundesebene.

NZ: Seit einiger Zeit gibt es in anderen Staaten Versuche mit der kontrollierten Abgabe von Cannabis. In manchen Berliner Bezirken gibt es ähnliche Überlegungen. Was wird sich hier in der laufenden Legislatur ändern?

Mortler: Die Legalisierung von Cannabis wäre das falsche Signal. Vor allem für junge Menschen bestehen erhebliche Gesundheitsrisiken. Die Bundesregierung hält diese für zu groß, als dass eine immer wieder geforderte Legalisierung von Cannabis zu verantworten wäre. Der regelmäßige Konsum führt teilweise zu erheblichen Beeinträchtigungen bis zu Psychosen und Abhängigkeit. Daher beabsichtigt die Bundesregierung keine Freigabe.

NZ: Vor einigen Jahren brachte Ihre Vor-Vorgängerin Sabine Bätzing ein Absenken der 0,5-Promille-Grenze im Straßenverkehr auf 0,3 Promille ins Gespräch. Werden Sie einen neuen Anlauf wagen?

Mortler: Jeder Verkehrstote ist einer zu viel. Erst recht, wenn er auf überhöhten Alkoholkonsum zurückzuführen und somit vermeidbar ist. Aber die Rechtslage ist eindeutig und hat sich bewährt.

NZ: Auch ein Rauchverbot am Steuer war einmal im Gespräch...

Mortler: ...woran ich mich sehr gut erinnern kann. Ich bin seit vielen Jahren Nichtraucherin, und ich weiß auch, wie viele Menschen immer noch rauchen. Allen muss klar sein, dass, wenn man zur Zigarette greift, niemand anderes gesundheitlich gefährdet werden darf. Aus meiner Sicht sollte es selbstverständlich sein, dass nicht geraucht wird, wenn Kinder im Auto sitzen. Ich glaube, die Gesellschaft ist heute schon sehr viel weiter, als zu Zeiten der von Ihnen angesprochenen Diskussion – dank Aufklärung!

NZ: Trotz vieler Kampagnen trinken gerade Jugendliche immer mehr Alkohol. Wie kann man das Problem lösen?



Mortler: Wir müssen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen für einen zurückhaltenden und verantwortungsvollen Alkoholkonsum sensibilisieren. Das Komasaufen ist eine Entwicklung, der man mit großer Aufmerksamkeit begegnen muss. Hier sind alle Beteiligten gefordert. Von der Vorbildrolle im Elternhaus über die Schule bis hin zum Freundeskreis.

NZ: Laut Drogen- und Suchtbericht 2013 liegt die geschätzte Zahl der Internetsüchtigen in Deutschland bei über einer halben Million Menschen. Warum ist das Thema bislang in der Öffentlichkeit kaum präsent? Was muss hier getan werden?

Mortler: Die Internetsucht ist ein wachsendes Problem. Das zeigen auch die Nachfragen und Hinweise, die ich seit meinem Amtsantritt aus der Bevölkerung erhalte. Insgesamt ist etwa ein Prozent der Bevölkerung zwischen 14 und 65 Jahren von Internetsucht betroffen – neueren Studien zufolge Männer wie Frauen gleichermaßen.

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