Nach Gespräch mit Maly: Flüchtlinge sind tief enttäuscht

14.7.2014, 15:07 Uhr
Hat sich nach Meinung von Unterstützer-Organisationen "keinen Milli­meter" auf die Flüchtlinge zubewegt: Der Nürnberger OB Ulrich Maly.

© Giulia Iannicelli Hat sich nach Meinung von Unterstützer-Organisationen "keinen Milli­meter" auf die Flüchtlinge zubewegt: Der Nürnberger OB Ulrich Maly.

„Es war doch schon vor dem Gespräch klar, dass wir hier keine Aufenthaltstitel verteilen werden“, sagte OB Maly nach der Diskussion, die unter Ausschluss der Presse statt­fand. Alexander Thal vom Bayeri­schen Flüchtlingsrat durfte wie Ver­treter anderer Unterstützer-Organisa­tionen dabei sein – er beklagte, dass sich Maly und Schmidt „keinen Milli­meter“ auf die Flüchtlinge zubewegt hätten. Naqib Hakimi, Sprecher der Asylsuchenden, war von dem Gespräch tief enttäuscht. Er bedauer­te es nun, „dass wir den Hungerstreik abgebrochen haben“. Die Flüchtlinge hatten zuletzt Essen und Trinken ver­weigert, um für Bleiberechte und gegen unwürdige Bedingungen in Flüchtlingsunterkünften zu protestie­ren.

Nach dem Gesprächsangebot von Maly und Schmidt nahmen sie wieder Nahrung auf. Die Haltung der beiden in der Diskussion konnte Hakimi dann aber nicht nachvollziehen: „Nur das Gesetz ist wichtig, der Mensch ist unwichtig.“ Maly sagte, dass er den Flüchtlin­gen angeboten habe, sich weiter in sei­nen politischen Funktionen für Erleichterungen für die Asylbewerber einzusetzen. Manches sei auch schon auf den Weg gebracht, wie etwa die Abschaffung der Essenspakete. Aber er könne eben nicht die geltende Asyl­gesetzgebung außer Kraft setzen.

In der Debatte mit 22 Flüchtlingen aus Iran, Äthiopien und Afghanistan ver­wiesen Maly und Schmidt zudem auf die bereits bestehenden rechtlichen Möglichkeiten. „Wir wollten Perspek­tiven aufzeigen“, so Maly. So können abgelehnte Asylbewerber, deren Abschiebung ausgesetzt ist (zum Bei­spiel, weil sie das Herkunftsland nicht einreisen lässt), nach 18 Monaten einen Aufenthaltstitel in Deutschland erlangen – dazu müssen sie aber einen Pass vorlegen, also konstruktiv an ihrer Identitätsfeststellung mitwir­ken.

Unter bestimmten Voraussetzun­gen, betonten Maly und Schmidt, bekämen sie auch eine Arbeitserlaub­nis – aber auch hierfür müssen die Asylbewerber Ausweise besitzen. Vie­le Asylbewerber scheuen es aber, die­sen Pass zu beschaffen, weil sie befürchten, nach der Feststellung ihrer Identität abgeschoben zu wer­den.

Maly hält diese Gefahr jedoch für sehr „abstrakt“ – von 3333 abgelehn­ten Asylbewerbern aus Afghanistan seien bundesweit vergangenes Jahr nur acht abgeschoben worden, „und das waren Straftäter“. Aus Nürnberg habe es niemanden getroffen. „Es besteht ein theoretisches Risiko“, fin­det Maly, aber die praktischen Vortei­le für die Flüchtlinge mit Pass seien größer. Flüchtlings-Unterstützer Thal versteht jedoch gut, dass sich die Asyl­bewerber auf dieses „Lotteriespiel“ nicht einlassen wollen.

Keine negativen Konsequenzen

BAMF-Chef Schmidt sagte den Flüchtlingen nochmals, dass sie mit einem Streik nichts erreichten – aber dieser auch keine negativen Konse­quenzen für sie habe. Thal hält dieses Zugeständnis für überflüssig, denn freilich dürfe niemand dafür bestraft werden, dass er auf diese Weise protes­tiert. Er kann die Asylgesetzgebung nicht nachvollziehen: „Man lässt die Leute jahrelang in den Lagern hocken.“

Elisabeth Schwemmer von der Hilfsorganisation Internationales Frauencafé war nach der Debatte ebenfalls ratlos. Sie hätte sich eine größere Würdigung für die Flüchtlin­ge gewünscht, die seit Monaten das Camp am Hallplatz auf die Beine stel­len. Es sei nicht zuletzt der Druck durch die Asylbewerber selbst gewe­sen, der zum Beispiel zur Abschaffung der Essenspakete beitrug. „Sie fühlen sich überhaupt nicht ernst genommen in ihrem Kampf.“ Ob die Flüchtlinge als Reaktion nun wieder einen neuen Hungerstreik beginnen, war gestern noch offen.

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