Amtsgericht spricht Neonazi frei

3.5.2013, 07:00 Uhr

„Ich habe keinen Zeugen der sicher sagen kann, dass Sie zugeschlagen haben“, begründete Amtsrichter Klaus Schuberth sein Urteil. Im Zweifel für den Angeklagten spreche er den 25-Jährigen aus Wackersdorf deshalb frei. Durch widersprüchliche Aussagen mehrerer Zeuginnen sei ein Tatnachweis nicht eindeutig möglich gewesen.

Am 17. Februar 2011 war es nach einer Sitzungspause im Prozess gegen einen bekennenden Neonazi, der einen damals 17 Jahre alten Praktikanten in der U-Bahn halb totgeschlagen hatte, zu Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Prozessbeobachtern gekommen.

Eine Gruppe Männer aus der rechten Szene war in den überfüllten Gerichtssaal gegangen, um einige freie Plätze in den vorderen Reihen zu ergattern. Darunter war auch Daniel W. Der 25-Jährige gilt als gut vernetzte Führungsfigur der nordbayerischen Neonazis. Er war früher Vorsitzender der NPD Oberpfalz und ist Inhaber des rechtsradikalen „Final Resistance“- Versandes.

Laut Anklage soll der 25-Jährige eine Frau, die im vorderen Bereich des Zuhörerraums stand, so geschlagen haben, dass sie zu Boden ging. Bei dem Sturz zwischen die Bänke zog sich die 44-Jährige unter anderem Prellungen und eine Halswirbelsäulen-Verletzung zu.

Der mehrfach vorbestrafte Daniel W. stritt die Vorwürfe ab. Die Geschädigte selbst hat nur noch vage Erinnerungen an einen Schlag. Aber auch die Zeugen konnten kein klares Bild des Geschehens an diesem Tag zeichnen.

Ein halbes Dutzend politischer Weggefährten des Angeklagten gaben an, von den linken Zuhörern bei ihrem Einmarsch in den Saal beleidigt und bedrängt worden zu sein. Zum Glück sei das Unterstützungskommando der Polizei gekommen und habe sie wieder aus dem Saal eskortiert, so der Tenor der Männer, die allesamt nichts von einem Schlag ihres Kumpels auf die Frau gesehen haben wollen.

Mehrere Zeugen berichteten jedoch auch vom aggressiven Auftreten der Männer aus der rechten Szene. Einige sahen auch, wie die 44-jährige Frau zwischen den Bankreihen zu Boden ging. Eine ältere Dame gab an, einen Schlag von oben auf die Geschädigte beobachtet zu haben. Es müsse jemand gewesen sein, der auf der Bank stand. „Es ging aber so schnell, dass ich die Person nicht identifizieren konnte“, so die 78-Jährige.

Zahlreichen Zuschauer – sowohl aus dem rechten als auch aus dem linken politischen Lager – drängten sich im Sitzungssaal 62 des Justizpalastes. Zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam es nicht. Die Polizei zeigte mit Dutzenden Einsatzkräften Präsenz. Nach dem Urteil verließen einige Zuhörer türeschlagend den Saal.
 

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