Nürnberg: Der Fall Deniz K. beginnt erneut

22.10.2013, 07:00 Uhr
Im November 2012 wurde Deniz K. zu zweieinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt. Jetzt beginnt der Prozess erneut. (Archivbild)

© dapd Im November 2012 wurde Deniz K. zu zweieinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt. Jetzt beginnt der Prozess erneut. (Archivbild)

Wenn Deniz K. am Freitag vor der Jugendkammer II des Landgerichts Nürnberg-Fürth Platz nimmt, kommt er als freier Mann in das Justizgebäude: Im Juli wurde K. aus der Untersuchungshaft entlassen, in dem erneuten Prozess dürfte ihn wohl ein milderes Urteil erwarten.

Der Fall polarisierte von Anfang an: Deniz K. hatte bei einer Demonstration mehrere Polizisten mit einer Fahnenstange attackiert. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Tötungsversuch, die Anwälte bewerteten dies als überzogen. Sie zeigten sich überzeugt, dass die Polizei und die Anklagebehörde potenziell gewaltbereiten Demo-Teilnehmern mit aller Härte die Grenzen aufzeigen wollten.

Entsprechend hoch kochten die Emotionen: Als K. wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch zu zweieinhalb Jahren Jugendhaft verurteilt wurde, protestierten seine Unterstützer so lautstark, dass die Richter angesichts der Tumulte den Saal räumen ließen.

Fehler bei Strafzumessung

Dabei milderten bereits die damaligen Richter den Vorwurf der Anklageschrift (die Staatsanwaltschaft ging von fünffachem versuchten Totschlag aus) stark ab. Die Verteidigung legte Revision ein und der BGH gab den Rechtsanwälten Iñigo Schmitt-Reinholtz und Martin Heiming recht.

Den Rechtsfehler sieht der BGH bei der Strafzumessung: Befinden die Richter darüber, wie eine Straftat zu ahnden ist, spielen für die Höhe der Strafe etwa die Art und Weise der Tat, das Motiv des Täters oder dessen Vorstrafen eine gewichtige Rolle. Zeigt ein Straftäter tätige Reue und müht sich, den Schaden, so weit möglich, wieder gutzumachen, wirkt sich dies strafmildernd aus.

In diesem Fall rügt der BGH, dass sich die Richter in ihren Erwägungen auch von den Familienverhältnissen des Angeklagten beeindrucken ließen. Deniz K.s Bruder ist als Polizist tätig, in der Urteilsbegründung hielten die damaligen Richter dies Deniz K. vor. Betrachtet er auch seinen Bruder als Prügelknaben und beschimpft ihn als Bullen? Nur weil sein Bruder im Polizeidienst steht, seien von K. keine besonderen Pflichten zu erwarten, stellte der BGH klar.

Am Freitag wird das Verfahren neu aufgerollt, eine erneute Beweisaufnahme findet nicht statt. Die Richter der Jugendkammer II werden sich allein mit der Strafhöhe befassen.

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