Nürnberger Drogenhilfe fordert Freigabe von Cannabis

16.5.2018, 10:18 Uhr
Während sich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung klar gegen die Legalisierung von Cannabis ausspricht, macht sich die Drogenhilfeeinrichtung Mudra in Nürnberg stark für eine regulierte Freigabe.

© dpa Während sich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung klar gegen die Legalisierung von Cannabis ausspricht, macht sich die Drogenhilfeeinrichtung Mudra in Nürnberg stark für eine regulierte Freigabe.

Zahlen und Statistiken sind geduldig. So belegen Studien, dass fast zehn Prozent aller Konsumenten von Cannabis süchtig werden. Für Marlene Mortler Grund genug, sich - wie auch die Deutsche Polizeigewerkschaft - klar gegen eine Legalisierung auszusprechen. Eine Zahl, die auch Bertram Wehner, Geschäftsführer der Mudra-Drogenhilfe, kennt, aber andere Schlüsse daraus zieht. "Die meisten Konsumenten praktizieren also einen kontrollierten und verantwortungsbewussten Gelegenheitskonsum", so Wehner, der sich dabei nicht nur auf Studien stützt, sondern auch auf jahrelange Erfahrung in der Drogenhilfe.

Cannabis sei sicher keine harmlose Substanz, aber eben vor allem für diejenigen riskant, die viel und hochdosiert kiffen würden, so Wehner. Dabei gebe es zwei "Hochrisikogruppen": Jugendliche und psychisch vorbelastete Menschen. Während Marlene Mortler wie auch Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) im Verbot und der Prävention die einzig wirksamen Mittel gegen den Missbrauch von Cannabis sehen, glaubt zwar auch Bertram Wehner von der Mudra weiter an die Bedeutung der Prävention, vor allem im Jugendbereich, das reine Verbot hält er unterdessen für verfehlt und nicht zielführend. "Die seit Jahrzehnten geltenden Repressionen haben überhaupt nichts Positives bewegt", so Wehner. Sie hätten weder zu einer Verringerung des Angebots noch der Nachfrage geführt.

Regulierte Freigabe gefordert

Die Mudra steht mit ihrer Sicht der Dinge nicht alleine und bekommt dabei aus einer ganz anderen Ecke Unterstützung: Selbst der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) verweist auf die negativen Folgen der Repression, wie die offene Drogenszene und Beschaffungskriminalität. So spricht BDK-Chef André Schulz davon, dass die Prohibition "bis heute weder intelligent noch zielführend" sei. Doch während sich etwa der Deutsche Hanfverband seit Jahren für eine Legalisierung von Cannabis ausspricht, erteilt der Mudra-Geschäftsführer dieser eine Absage. "Es geht nicht darum, dass alle machen können, was sie wollen", so Wehner.

Es gehe vielmehr um eine regulierte Freigabe, die Gesichtspunkte etwa des Jugendschutzes oder Verbraucherschutzes berücksichtige. Dabei sei es auch wichtig, dass man diesen Markt nicht der freien Wirtschaft überlasse. Auch dieser müsse staatlich reguliert sein, so Wehner weiter. Die Regulierungsmaßnahmen sollten zudem wissenschaftlich begleitet werden.

Andere Länder haben mit der regulierten Freigabe längst Erfahrung. In Uruguay etwa ist unter anderem der Eigenanbau von bis zu sechs Cannabispflanzen erlaubt. In Portugal wurde der Konsum von Cannabis bereits 2001 völlig entkriminalisiert. Der Besitz von Drogen zum Eigenverbrauch ist seitdem nicht mehr strafbar. Dort ist in den vergangenen 15 Jahren die Zahl der jugendlichen Konsumenten zurückgegangen. Selbst in den Niederlanden, die bereist seit mehr als 40 Jahren eine recht liberale Cannabis-Politik praktizieren, liegen die Zahlen der intensiv konsumierenden Menschen im europäischen Durchschnitt.

Gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen anderer Länder kann Wehner die ablehnende Haltung der Drogenbeauftragten der Bundesregierung überhaupt nicht nachvollziehen. "Es kam zu keinem explosionsartigen Anstieg von Kiffern", wie er betont.

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