Nürnberger Kunstwerk wurde in Antalya einfach übertüncht

2.5.2014, 15:58 Uhr
Julian Vogels Brückenbild vorher...

© Hauck Julian Vogels Brückenbild vorher...

„Ach du meine Güte, sowas ist mir ja noch nie passiert“, sagt Julian Vogel. Mit „sowas“ meint der Nürnberger Graffiti-Künstler die „Säuberungsaktion“ in Antalya. Dort war — wann genau, weiß man nicht — ein Malertrupp ausgerückt, um Vogels Motive von einer zentral gelegenen Brücke zu entfernen. Ein Versehen oder böse Absicht? Die Tat von Kunstbanausen, übereifrigen Mitarbeitern der Stadtreinigung, beleidigten türkischen Politikern oder solchen, die die bisherige liberale Kulturpolitik Antalyas beenden wollen? Das wird in der Nürnberger Partnerstadt derzeit heiß diskutiert.

Untersuchung eingeleitet

Der frisch gewählte Bürgermeister Menderes Türel von der Erdogan-Partei AKP gibt sich öffentlich zerknirscht. Rätselhaft sei der Vorgang und außerordentlich bedauerlich, eine Untersuchung der Vorgänge eingeleitet. Die Opposition von der Atatürk-Partei wittert mehr als ein zufälliges Versagen dahinter. Kaum hat Bundespräsident Gauck der Erdogan-Regierung die Leviten gelesen, wird deutsche Kunst aus dem Feld geräumt. Das, so die Verschwörungstheoretiker, könne doch kein Zufall sein...

... und nachher. Das Brückenbild wurde einfach übertüncht.

... und nachher. Das Brückenbild wurde einfach übertüncht.

Aber egal, wie es dazu kam: Das große abstrahierte Auge und die mit ihm verbundenen Orangen, die Julian Vogel als Wahrzeichen der Stadt auf das Mauerwerk der Fußgängerbrücke nahe des Kulturzentrums mit der großen Pyramide gesprayt hatte, sind weg. „Dabei war das doch ein Wunsch der Stadt. Das war von höchster Stelle abgesegnet. Der sozialdemokratische Bürgermeister hat mir dazu gratuliert und wollte, dass ich noch mehr Brücken der Stadt gestalte“, sagt Vogel über die Malaktion, die vor rund einem halben Jahr stattfand.

Schon damals galt aber die Einschränkung: „Warten wir die Wahl ab.“ Die ist jetzt gelaufen, der Bewerber der AKP hat sich durchgesetzt und Beobachter befürchten damit auch einen Umschwung in der Kulturpolitik. Aus Antalya jedenfalls hat Vogel nichts mehr gehört — weder über das Verschwinden seines Kunstwerks noch über Pläne für neue.

Als Streetart-Künstler ist der 33- Jährige in der ganzen Welt unterwegs, besprüht Wände rund um den Globus. Das Projekt in Antalya wurde im Oktober 2013 im Rahmen der 1. Nürnberger Kulturtage realisiert. Damals reiste eine Nürnberger Delegation unter Führung von Kulturreferentin Julia Lehner mit dem Dürer-Puzzle, mehreren Ausstellungen und Veranstaltungen im Gepäck in die Partnerstadt. Auch Julian Vogel war dabei, gestaltete im Freien riesige Leinwände und eben besagte Brücke.

„Und jetzt? Soll ich das Mauerwerk neu bemalen?“, fragt der Nürnberger, der Kommunikationsdesign an der Ohm-Hochschule studiert hat und im Vorjahr zur Blauen Nacht die Kaiserburg erleuchten ließ. Gute Frage!

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