Nürnberger war plötzlich auf dem Stern-Cover

18.9.2013, 09:57 Uhr
Nürnberger war plötzlich auf dem Stern-Cover

© Cristopher Civitillo

„Ich habe dafür ja nun wirklich nicht viel gemacht“, gibt sich Harald Bergauer bescheiden. Stimmt. Denn der Ruhm gebührt eigentlich nicht demjenigen vor der Kamera, sondern dem dahinter. Cristopher Civitillo heißt der junge Mann, dem dieses für sein Alter recht ungewöhnliche Kunststück gelungen ist.

Und das kam so: Im Dezember 2010 lernten die beiden sich kennen. „Ich suche mir für meine Arbeiten nie Models, sondern Leute, die ich interessant finde“, erzählt der 26-jährige Nürnberger Fotograf. Und so sei ihm Bergauers Erscheinung – groß gewachsen und der für damalige Verhältnisse einigermaßen ungewöhnliche Vollbart – direkt aufgefallen.

„Du siehst irgendwie cool aus“, habe er ihm gesagt und darum ersucht, spaßeshalber mal ein Fotoshooting zu machen. In Civitillos Atelier in der Krugstraße, das sich der ausgebildete Fotograf mit dem besten Abschluss seines Jahrgangs mit dem im selben Metier tätigen Knut Pflaumer teilt, entstanden verschiedene Serien mit dem Laien-Model Bergauer. Er fungierte bis vor kurzem als Sänger und Percussionist der Elektro-Band „Reflekta Reflekta“ und verfügte bis auf die dazugehörigen Band-Fotos „über keinerlei Kamera-Erfahrung“.

Was aber kein Problem war, so der 36-jährige freiberufliche Grafikdesigner, denn „der Cris ist ziemlich gut darin, Anweisungen zu geben für das, was er haben möchte.“ Und dann wollte der Cris irgendwann unbedingt eine ganz besondere Fotoserie haben: „Ich habe den Film ‚Das Mädchen mit den Perlenohrringen‘ gesehen, und dieses darin behandelte Bild der am Fenster sitzenden Frau, die von weichem Licht umspielt wird, hat mich inspiriert.“

Eine intime Fotoserie habe er machen wollen, bei der zwischen zwei Menschen, die sich vorher noch nicht kannten, eine unglaubliche Intimität entstehe. Ob das okay sei, fragte er Bergauer und die in Hamburg lebende Sybille Fischer, mit der Civitillo ebenfalls vorher schon zusammengearbeitet hatte und von der er fand, sie gäbe mit ihren feinen Zügen den optimalen Kontrast zum kernigen Nürnberger.



Beide Wunschkandidaten waren einverstanden mit der Fotostrecke, die Civitillo „einfach nur so fürs Portfolio gedacht hatte“. Nackte Oberkörper, Intimität, Spannung? Geht das, wenn man’s so gar nicht gewohnt ist?

„Das war natürlich ganz schön komisch, mit einer völlig Unbekannten den Eindruck zu erwecken, es bestünde eine sexuelle Spannung“, gesteht Harald Bergauer. „Man möchte sich ja nicht gleich zu nahe treten und muss Berührungsängste überwinden.“

Die SMS kam im Urlaub

Aber weil der Fotograf sich auf seinen Job versteht, ist nach gut zwei Stunden alles im Kasten. Job erledigt, und Bergauer „hört eine ganze Weile nichts mehr davon“. Derweil ist Cristopher Civitillo jedoch nicht untätig. Bei der Bildagentur „Plainpicture“ stellen Fotokünstler ihre Arbeiten ein, und wer Gefallen daran und Verwendung dafür findet, kauft die Bilder der Agentur ab, die wiederum die Künstler anteilig bezahlt.

Was mit den Bildern geschieht, erfährt man spät, zufällig oder gar nicht. Eineinhalb Jahre zogen ins Land. Doch als Cristopher Civitillo mit seiner Freundin im Juni dieses Jahres zum Urlaub in Barcelona war, erreichte ihn eine SMS von Fischer: „Ey wusstest du das?“ fragte sie, und sendete wortlos eine Bildnachricht hinterher.

Darauf zu sehen: das Cover des Stern mit der Titelgeschichte „Lust auf Rezept“ – und Civitillos Fotografie. „Das war ein absolut geiles Gefühl“, erzählt der, und dass er zwei Tage damit verbracht hat, das Magazin in Spanien aufzutreiben.

Facebook ist schier geplatzt

„Dass ein Nürnberger schafft, was sonst immer nur Hamburger und Berliner hinbekommen“, das sei der Wahnsinn: „Und „das in meinem Alter.“ Das sehen auch die hiesigen Agenturen, Konkurrenten und Freunde so, sind stolz und gratulieren. „Plötzlich hing das Cover überall herum und Facebook ist schier geplatzt vor positiver Resonanz.“

Zu Recht. Mit über 800.000 verbreiteten Exemplaren pro Auflage erreicht das Magazin wöchentlich knapp acht Millionen Leser. Das ist mehr als ansehnlich. Der Porträtierte sieht’s gelassen: „Der Ruhm gebührt demjenigen, der die Arbeit geleistet hat.“

Und: „Die Leute auf der Straße schauen mich eh schon immer komisch an. Ob das jetzt wegen des Bartes ist oder wegen des Stern-Covers, das weiß ich nicht...“

www.cris-c.de; www.cris-blogged.com; www.thehillshaveeyes.de
 

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