Nürnbergs erste U-Bahnen sind nur noch Altmetall

1.12.2010, 05:56 Uhr
Nürnbergs erste U-Bahnen sind nur noch Altmetall

© Fengler

Dann „greift“ sich Maschinenführer Vincenzo Farci einfach eine Ecke des oberen Blechs und beginnt es routiniert von links nach rechts abzuziehen, wie den Deckel einer überdimensionierten Ölsardinen-Konserve. Am Ende folgt ein kleiner Schwenk zur Seite und das Dach des 37-Meter langen Zuges liegt dort, wo auch der Rest noch im Laufe dieses Vormittags landet: In einem Schrott-Container der Firma Bonn Abfallwirtschaft. Ein Karriere-Ende, das das ausgemusterte Gefährt eigentlich nicht verdient hat. Seit den Anfängen des U-Bahnbetriebs 1972 hat die „Nummer 425/426“ dem Nürnberger Nahverkehrsbetrieb und ihren Fahrgästen schließlich Tag für Tag treue Dienste geleistet.

Mehr als vier Millionen Kilometer — knapp 100 Erdumrundungen — haben „425/426“ und jedes ihrer elf Geschwister der ersten Baureihe dabei zurückgelegt. Selbst in München waren einige Züge der DT1 Serie schon unterwegs und haben dort während der Olympischen Spiele oder beim Papstbesuch ausgeholfen. Doch nach fast vier Jahrzehnten Dienst sind die einst stolzen Pegnitz-Pfeile einfach nicht mehr auf der Höhe der Zeit, erläutert Thomas Luber, Geschäftsbereichsleiter „Werkstatt Schiene“ bei der VAG. So haben die Züge beispielsweise noch die veraltete Gleichstromtechnik, die das Zurückspeisen der Bremsenergie nicht erlaubt und somit deutlich mehr Strom verbraucht.

Aufwendig, so Luber, war aber auch die Wartung, da Ersatzteile zuletzt nicht mehr lieferbar waren und viele teure Sonderanfertigungen bestellt werden mussten. Aus diesem Grund hat die VAG nicht nur einen Vertreter der Baureihe als Museumszug behalten, sondern auch vieles, was für die in Betrieb befindlichen Züge späterer DT1-Baulose noch verwendet werden kann: Sitze, Scheinwerfer oder Steuerungsteile etwa. Dass das Gefährt derart ausgeschlachtet ist bei der Übergabe, stört Klaus Bonn indes kaum.

Denn für den Schwabacher Unternehmer ist das alles eh nur wertloser Müll. Der Inhaber des Verwertungsspezialisten Bonn Abfallwirtschaft hat nur ein Auge für die verborgenen Werte, die in den ausgemusterten Zügen stecken: 14 Tonnen Aluminium, eine halbe Tonne Edelstahl und drei Tonnen Kupfer aus den insgesamt 400 Kilometer Kabeln, die durch jeden Zug laufen.

Wracks bringen 2.000 Euro pro Stück

Materialwert abzüglich der Verschrottungskosten: Knapp 2.000 Euro. Der Rest von rund 13 Tonnen wird fein zerkleinert, sortiert und landet zum Teil in der Müllverbrennungsanlage. Für Vincenzo Farci, der auch den Resten des zum „Cabrio“ frisierten Zuges mit seinem Abbruchbagger auf den Leib rücken muss, ist der Pegnitz-Pfeil ein Job wie jeder andere.

Ruhig raucht der erfahrene Maschinen-Führer, der bereits riesige Werkshallen zerlegt hat, seine Zigarette zu Ende. Als endlich der letzte Pressefotograf abrückt, schwingt er sich wieder in seinen Führerstand, um dem Wrack den Rest zu geben. Denn am Nachmittag, erklärt der Italiener und lächelt, steht schon ein ausrangierter ICE auf dem Programm.