"Open Call" zur Kulturhauptstadt: Eine Flut kreativer Ideen

25.7.2018, 05:11 Uhr

© Benedikt Buchmüller

Ein Veranstaltungs-Garten am Marienberg, eine Kunstaktion mit bienenfreundlichen Blumenkästen auf dem Hauptmarkt und Jugendliche, die getanzte Stadtführungen zu ihren Lieblingsplätzen anbieten: Diese drei Ideen sollen schon bald Realität werden. Sie zählen zu den Siegern im "Open Call", mit dem das Rathaus seine Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas 2025 vorbereitet. Diese Art von Partizipation biete "die Chance, zu zeigen, wo Qualitäten und Qualifikationen in uns stecken", sagte Kulturreferentin Julia Lehner bei der Prämierung. "Kultur" umfasse in diesem Fall die Ökologie genauso wie den Sport.

170 Bewerbungen waren auf der Online-Plattform des Bewerbungsbüros eingegangen, 157 davon erfüllten die Bedingungen. Gesucht waren soziale oder künstlerische Projekte mit Bezug zu Europa, Stadtgeschichte und -entwicklung. In einer vierwöchigen öffentlichen Abstimmung mussten die Initiatoren online Unterstützung sammeln. 14.350 registrierte Nutzer gaben ihre Stimme ab – deutlich mehr als erwartet, wie Bewerbungschef Hans-Joachim Wagner sagt. Die Privatleute, Vereine und Initiativen durften jeweils bis zu 5000 Euro Zuschuss beantragen. Die städtische Fördersumme von rund 50.000 Euro verteilt sich nun auf die elf mit den meisten Stimmen.

Zwischen urbaner Landwirtschaft und rollender Kaffeebar

Spitzenreiter wurde der "Öffentliche Pflanzen-Nahverzehr" mit der wohl ungewöhnlichsten Idee. Sie sieht vor, auf dem Luftschacht einer U-Bahn-Station ein Gewächshaus zu errichten. In diesem könnten die Nachbarn aus dem betreffenden Stadtteil mit der Abwärme Kräuter oder Pilze züchten, verheißt Mitveranstalter und Architekt Jürgen Lehmeier. "Uns ist klar, dass wir damit nicht dauerhaft viele Menschen ernähren, aber es soll ein Versuch in diese Richtung sein." Die "urbane Landwirtschaft" könne zum Nachdenken über Energieverbrauch und Ernährungsfragen anregen.

Auf Nachhaltigkeit zielt auch eine Gruppe um die jungen Nürnberger Johanna Wiglinghoff, Benedikt Buchmüller und Jana Stadler ab. Sie haben aus Sperrmüll eine rollende Kaffeebar gezimmert, in der sie überzählige Lebensmittel verwenden. "Wir nennen es N-Ort wie Nicht-Ort oder Neu-Ort." Mit dem Mobil wollen sie vernachlässigte Orte im Stadtgebiet aufmischen. Weitere Gewinner möchten mit den Behörden ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für nichtkommerzielle Kultur- und Musikveranstaltungen aushandeln ("Open-Air-Plätze für alle"); Feministinnen wollen im Kulturzentrum Desi Frauen in männerlastigen Musikstilen wie Hip-Hop fördern. Auch die Kreativen aus dem Quelle-Heizhaus sind dabei: Sie schlagen Bürgerpatenschaften vor, um ihren Ort bekannter zu machen.

Eine Flut kreativer Ideen

Das Bewerbungsbüro betreut die Sieger nun bei der Umsetzung, die bis Ende 2019 vorgesehen ist. Andere Teilnehmer, die im „Open Call“ leer ausgingen, wollten zum Beispiel niedergeschriebene Menschenrechte verschicken, eine solarbetriebene Flaschenpost auf Europareise schicken, Nürnberger Gewässer von Müll befreien oder Nürnberg-Touristen nach ihren Lebkuchenrezepten fragen. Im Rennen waren auch begrünte Container für Parkplätze, eine Dürer-Fotostation oder Sitzbänke für Plätze, wo man den Sonnenaufgang sehen kann. Aufgerufen war die gesamte Metropolregion – aus dem weiteren Umland gingen allerdings nur fünf Bewerbungen ein. Zum Zug kam ein Zirkusprojekt von Menschen mit und ohne Behinderung in Dietersheim (Kreis Neustadt/Aisch–Bad Windsheim).

Das Kulturhauptstadt-Büro soll bis Mitte 2019 das Bewerbungsbuch fertigstellen. Darin muss es auch Maßnahmen für Bürgerbeteiligung darlegen. Neben Nürnberg arbeiten derzeit Chemnitz, Dresden, Magdeburg, Hannover und Hildesheim an ihren Bewerbungen; Zittau ist noch unentschieden. Nur eine der deutschen Städte wird dann 2020 von der Europäischen Kommission zur Europäischen Kulturhauptstadt ernannt.

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